Episode 183: Die Verurteilten
Andy sitzt im Gefängnis. Er soll seine Frau und seinen Liebhaber kaltblütig umgebracht haben, aber Andy beteuert seine Unschuld. Im Gefängnis braucht Andy lange, bevor er auch nur mehr als zwei Worte mit anderen Insassen wechselt. Er beobachtet. Bis er sich schließlich mit RED anfreundet, der so ziemlich alles besorgen zu können scheint. Ein kleiner Hammer soll es sein, mit dem er Steine bearbeitet, um sich zu beschäftigen. Die beiden wachsen zusammen, philosophieren über das Gefängnisleben und die Bedeutung von Freiheit und Hoffnung. Andy versucht sich eben diese Hoffnung zu bewahren und seinem Leben Bedeutung zu geben, durch den Aufbau einer reich ausgestatteten Bibliothek.
Was Andy Red in 19 Jahren Freundschaft im Gefängnis nicht erzählt: er gräbt über Jahre hinweg einen Tunnel aus dem Gefängnis raus in die Freiheit. The Shawshank Redemption aus dem Jahr 1994 ist die zweite Stephen King Verfilmung, die wir in diesem Podcast besprechen. Und wie Stand by me zuvor die Verfilmung einer Kurzgeschichte aus Different Seasons. Und wie Stand by me zuvor produziert von Castle Rock. Plor, was halten wir denn von diesem Ausflug ins King Universum?
: Podcast: Der mussmansehen Podcast - Filmbesprechungen Episode: Episode 183: Die Verurteilten Publishing Date: 2024-07-03T12:55:05+02:00 Podcast URL: https://podcast.mussmansehen.de Episode URL: https://podcast.mussmansehen.de/2024/07/03/episode-183-die-verurteilten/
Florian Bayer: Dann macht der Film ja was, was er überhaupt nicht machen darf. Er nimmt nämlich einen Off-Erzähler. Ja,
Johannes Franke: genau.
Florian Bayer: Und dann ist der Off-Erzähler nicht mal der Protagonist.
Johannes Franke: Doch, doch. Ich muss sagen, er ist der Protagonist. Oh,
Florian Bayer: okay, darüber müssen wir reden. Ob Brad der Protagonist ist, da kam er. Oh, interessant.
Johannes Franke: Herzlich willkommen zu einer neuen Episode vom Muss-Man-Sehen-Podcast. Hallo Plur in meiner Küche.
Florian Bayer: Hallo Johannes.
Johannes Franke: Wollen wir einmal die Episode mal wieder so starten, dass wir sagen, was wir hier eigentlich verdammt nochmal machen? Ja,
Florian Bayer: obwohl wir es heute nicht machen.
Johannes Franke: Oh stimmt, verdammt.
Florian Bayer: Also üblicherweise ist es so, dass einer von uns dem anderen und natürlich euch auch als Publikum eine Aufgabe aufgibt in Form eines Films. Und über den reden wir dann in der nächsten Woche. Ja.
Johannes Franke: Und manchmal sind das Filme, die ich nie im Leben geguckt hätte und wo ich auch sage... Was? Ich gucke keine Horrorfilme, Plor. Was soll das?
Florian Bayer: Wir haben einen sehr unterschiedlichen Filmgeschmack, zumindest in der Theorie. Tatsächlich hat sich in der Praxis jetzt des Öfteren erwiesen, dass wir auch ganz gut darin sind, gemeinsam Filme abzufeiern.
Johannes Franke: Das stimmt wohl, ja. Und diesmal feiern wir einen Film ab von einem Menschen aus dem Publikum.
Florian Bayer: Ja, wir haben einen Publikumswunsch. Das kommt nämlich auch immer mal wieder dazwischen. Sprich, niemand von uns hat diesen Film vorgeschlagen oder hätte diesen Film vorgeschlagen? Fragezeichen. Aber stattdessen haben wir eine Person, nämlich...
Johannes Franke: Dank auch dieser tolle Name. Ja,
Florian Bayer: wir hoffen, dass sich ein echter Mensch dahinter verbirgt. Das kam über Spotify.
Johannes Franke: Ja, wo wir leider nicht Danke sagen können, weil die technischen Voraussetzungen dafür bei Spotify nicht existieren.
Florian Bayer: Aber du, liebe Nummer, heute kommt dein Film, nämlich Shawshank Redemption aus dem Jahr 1994, den ich kannte und den du gar nicht kanntest, Johannes.
Johannes Franke: Ich habe ihn nicht gesehen bisher. Ich wusste, dass dieser Film existiert, aber ich wusste auch... dass ihn ganz viele Leute abgefeiert haben, die ich für zu männlich halte.
Florian Bayer: Für zu männlich, ja. Es ist tatsächlich ein männlicher Film mit einem männlichen Cast, männlichen Protagonisten und, glaube ich, auch einem eher männlichen Publikum.
Johannes Franke: Und ich habe festgestellt, dass ich diesem männlichen Publikum ganz dolle Unrecht getan habe. Es tut mir wahnsinnig leid. Sorry an alle da draußen, die ich vorverurteilt habe. Womit wir beim Titel wären.
Florian Bayer: Ja,
Johannes Franke: verurteilen.
Florian Bayer: Ich, um das vielleicht noch reinzulaufen, ich habe den Film tatsächlich so gesehen, wie die meisten... Menschen diesen Film gesehen haben, nämlich nicht im Kino, weil ich quasi nicht wusste, als der Film im Kino lief, dass dieser Film existiert oder irgendwie relevant ist. Und das war ja so ein Videotheken-Hit. Und es war vor allem so ein Mund-zu-Mund-Propaganda-Videotheken-Hit. Und ich habe ihn genau so gesehen, dass nämlich irgendjemand gesagt hat, du musst den Film sehen, der ist geil. Den habe ich mir ausgeliehen am Wochenende. Und dann habe ich mir den, ich glaube, mit irgendwelchen Freunden ausgeliehen. Und dann saßen wir alle sehr ergriffen vorm Fernseher. gehört zu den Filmerlebnissen, bei denen man denkt, wow, ich glaube, ich habe gerade meinen Lieblingsfilm gefunden. Und das haben offensichtlich auch sehr viele andere gedacht. Dieser Film ist nämlich auf IMDb seit 2008 auf Platz 1 der besten Filme. Es ist der beste Film bei IMDb. Wie krass! Und zwar, und wohlgemerkt, IMDb natürlich ist eine Website und Publikumsvoting und so weiter, aber es sind mehrere Millionen Stimmen. Und IMDb ist da auch, glaube ich, nicht so bestechlich. Also die gucken schon sehr genau, dass da nichts zugespampt wird. Und er ist auf Platz 1 vor dem Paten 1, vor dem Paten 2 und vor Dark Knight.
Johannes Franke: Ein absoluter Videotheken-Hit, das finde ich total seltsam. Der Film war wirklich nicht erfolgreich am Anfang und dann haben die Produktionsfirma wahnsinnig viele Kopien davon einfach in die Videotheken geschippt und gehofft, dass das Ding nochmal ein zweites Leben bekommt. Wie seltsam ist das denn? Die haben selber gesagt, naja, irgendwie... warum machen wir das eigentlich? Aber wir gehen da mal ein Risiko ein und gucken mal, was passiert. Das war total komisch. Aber dann so einen riesigen Erfolg damit zu provozieren.
Florian Bayer: Ich glaube, es ist so ein bisschen Glück, sowohl Glück als auch Pech, dass das ganze Ding von Castle Rock inszeniert wurde. Und die waren halt auch so Videothekenlieferanten. Die haben viele Filme getrinkt, die in den Videotheken erfolgreich waren. Und teilweise haben die auch sehr, ich glaube, sehr gezielt Filme für Videotheken gespielt. das, worüber wir öfter reden, was es nicht mehr so gibt, diese Mid-Budget-Filme, die nicht diese AAA-Filme sind, die bei den Oscars abräumen, obwohl dieser Film hat sehr viele Nominierungen gekriegt und hat gute Kritikrezensionen gekriegt, aber so Filme, die ein mittleres Budget haben, die nicht die großen Sommerhits sind, die aber das Potenzial haben, dann auf dem zweiten oder dritten Verwertungsweg zu Klassikern zu werden. Ja.
Johannes Franke: Gut, und was für ein Klassiker das geworden ist und was wir da eigentlich vor uns haben, das kann ich uns mal ja erzählen. Andy sitzt im Gefängnis. Er soll seine Frau und ihren Liebhaber kaltblütig umgebracht haben, aber Andy beteuert seine Unschuld. Im Gefängnis braucht Andy lange, bevor er auch nur mehr als zwei Worte mit anderen Insassen wechselt. Er beobachtet, bis er sich schließlich mit Red anfreundet, der so ziemlich alles besorgen zu können scheint. Ein kleiner Hammer soll es sein, mit dem er Steine bearbeitet, um sich zu beschäftigen. Die beiden wachsen zusammen, philosophieren über das Gefängnisleben und die Bedeutung von Freiheit und Hoffnung. Andy versucht sich eben diese Hoffnung zu bewahren und seinem Leben Bedeutung zu geben durch den Aufbau einer reich ausgestatteten Bibliothek. Was Andy Redd in 19 Jahren Freundschaft im Gefängnis nicht erzählt, ergräbt über Jahre hinweg einen Tunnel aus dem Gefängnis raus in die Freiheit. The Shawshank Redemption aus dem Jahr 1994 ist die zweite Stephen King-Verfilmung, die wir in diesem Podcast besprechen. Und wie Stand By Me zuvor die Verfilmung einer Kurzgeschichte aus Different Seasons. Und wie Stand By Me zuvor produziert von Castle Rock. Chlor! Was halten wir denn von diesem Ausflug ins King-Universum?
Florian Bayer: Es ist nach Stand By Me, aber for the Shining. Meine liebste Stephen-King-Verfilmung.
Johannes Franke: Also im Grunde die gleiche Reihenfolge, wie sie entstanden sind? Moment, wann ist Shining?
Florian Bayer: Shining ist der älteste von allen. Shining 1980.
Johannes Franke: Ah, okay, ja.
Florian Bayer: Und es ist natürlich ein ungewöhnlicher Stephen-King-Film. Und der Name Stephen King kam auch dann bei der Publikation des Films praktisch gar nicht vor. Weil es ist halt kein Horrorfilm, ne? Ja. Bei Stand By Me finden wir ja noch so diese Horror-Tropes und noch so diese Elemente von was wir von King kennen. Ja, immerhin Albtraumleiche.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Hier praktisch gar nicht. Das ist komplett von Stephen King bereinigt. Es gibt die Urban Legend, die Stephen King natürlich selbst in die Welt gesetzt hat. Dass er in einer Buchhandlung war und Bücher unterschrieben hat. Und eine Frau kam zu ihm und meinte so, ey, kannst du das da für meinen Mann signieren? Ich selbst mag deine Geschichten überhaupt nicht. Ich stehe überhaupt nicht auf Horror. Ich bin eher so der Shawshank Redemption Typ.
Johannes Franke: Geil.
Florian Bayer: Woraufhin Stephen King gesagt hat, ja, ja, klar, hab ich auch geschrieben. Und sie hat ihm nicht geglaubt.
Johannes Franke: Geil. Schöne Geschichte, auch wenn sie erfunden ist.
Florian Bayer: Rieder. ...Hareworth and the Shawshank Redemption aus dem Jahr
Johannes Franke: Ich muss mal... Nee,
Florian Bayer: falsch, Entschuldigung. Rita Hareworth and the Shawshank Redemption aus dem Jahr 1982, aus Different Seasons ist die Vorlage dafür.
Johannes Franke: Ich muss mal sagen, wenn wir jetzt schon beim Titel sind, viel besserer Titel. Was soll das? Rita Hareworth and the Shawshank Redemption ist doch viel besser als nur einfach The Shawshank Redemption.
Florian Bayer: Shawshank.
Johannes Franke: Siehst du, das passiert. Das passiert bei diesem Titel, weil man sich denkt, hä? Was? Ich hab dich sehr, ich moch... Also es hat, Morgan Freeman hat das erzählt. Ja. Dass er angesprochen wird, ich mochte dich sehr in diesem Sch... in diesem Film. Und man denkt sich, ja, natürlich, zu Recht. Was ist das für ein Titel?
Florian Bayer: Ja, aber dieses Rita Hervoff. Also, wenn man sich sehr auf dieses Gimmick draufsetzt, auf diesen Gag, dass er sich freikräpt, die ganze Zeit über, und dass das Ganze verdeckt hinter einem großen Rita Hervoff. Boah, Gott, ist das ein schrecklicher Name. Poster passiert dann ja. Ich finde, wenn man es weglässt, dann ist es ein bisschen weniger Gimmick und es wird ein bisschen größer. Und das ist ja auch tatsächlich das, was unser Regisseur und Drehbuchautor Frank Darabont mit diesem Film gemacht hat. Er hat nämlich nicht mal 100 Seiten von Stephen King genommen, eine Kurzgeschichte, und hat die erweitert. Und eine Kurzgeschichte, zu der Stephen King selbst gesagt hat, aus dem Ding macht ihr keinen Film.
Johannes Franke: Das ist viel zu viel Dialog.
Florian Bayer: Da passiert ja nichts richtig. Wie willst du da überhaupt ein Film draus machen? Da gibt es überhaupt keine richtigen Antagonisten. Da gibt es überhaupt kein emotionales Epizentrum. In der Novelle, ich habe sie nicht gelesen, ist doch einiges sehr anders als im Film. Es gibt nicht diese klar ausgeprägten Charaktere und vieles, was im Film sehr viel Raum kriegt, wie zum Beispiel der Hauptprotagonist bei den Wertern, der Hauptantagonist bei den Wertern, oder auch Brooks zum Beispiel, der alte Mann. Ja. Die kriegen im Buch ein paar Seiten. Ja,
Johannes Franke: ja, genau. Da ist nicht viel drauf.
Florian Bayer: Und Frank Darabont hat das sich genommen und hat daraus halt wirklich ein großes emotionales Drama gemacht. Und Darabont, die Geschichte ist ganz witzig, wie er überhaupt da rangekommen ist. Und zwar hat Stephen King Anfang der 80er ein quasi College-Programm gemacht, wo er gesagt hat, Leute, wenn ihr Drehbuchautoren seid und ihr schreibt gerne, wenn ihr Kurzfilme drehen wollt mit meinen Dingern, ich verkaufe euch die Rechte für einen Dollar. Und hat damit offensichtlich so den, hat tatsächlich wirklich zu den Filmstudenten gegangen und hat gesagt, hier macht mal einen Kurzfilm mit diesen Geschichten von mir. Und daraufhin hat Daryl Bond den Film The Woman in the Room gemacht. Also eine von diesen Geschichten. Und King hat das wohl sehr gut gefallen, was er da gemacht hat. Und daraufhin ist so ein bisschen eine Verbindung zwischen den beiden entstanden. Was dazu geführt hat, dass Stephen King relativ schnell Ja gesagt hat, als Daryl Bond zu ihm kam und gesagt hat, du, ich würde echt,
Johannes Franke: echt,
Florian Bayer: echt gerne aus deiner Rita Hellwarf Geschichte. einen Film machen.
Johannes Franke: Und er hat gesagt, für 5000 Dollar, was immer noch nicht viel ist, aber durchaus mehr als einen Dollar, kannst du es haben. Und hat auch einen Check bekommen, den er nie eingelöst hat. Der hat ihm den Check wieder eingerahmt in einen schönen Rahmen und hat ihn zurückgeschickt mit der Notiz, wenn du mal Bail Money brauchst. Bitteschön.
Florian Bayer: Was wahrscheinlich daran liegt, dass ihm der Film wirklich gefallen hat. Ja. Weil wir wissen, Stephen King ist sehr kritisch zu seinen Filmen. Ja. Und er mag eigentlich nur die Filme, in denen er entweder einen Cameo-Auftritt hat oder an denen er selbst mitgeschrieben hat. Das sind die schlechtesten Stephen King Filme.
Johannes Franke: Ja, das ist halt das Ding.
Florian Bayer: Stephen King ist kein guter Filmemacher. Und wir wissen, dass die Filme, die wirklich stark sind, tendenziell ihn nicht so berührt haben. Shining hat er, wie man weiß, gehasst.
Johannes Franke: Das ist schon echt seltsam. Und ich muss sagen... Es spricht Bände, dass die beiden Filme, die ich von Stephen King kenne, die ich gut finde, beziehungsweise The Shining ist ein bisschen außen vor, weil der tatsächlich ein Horrorfilm ist, aber das andere sind ja Dramen einfach nur. Ja. Und das sind die guten. Weißt du, vielleicht muss sich Stephen King über seinen Genre mal Gedanken machen. Weiß ich nicht.
Florian Bayer: Aber er hat Millionen Horrorfans begeistert.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Horrorgeschichten. Das Ding ist... Um das noch abzuschließen, die Entstehung. Es ist ein Castle Rock entstanden. Und zwar Castle Rock Entertainment wurde ja von Rob Reiner gegründet, nachdem er Stand By Me gedreht hat, ein paar Jahre davor.
Johannes Franke: Und er wollte auch diesen Film drehen.
Florian Bayer: Er wollte unbedingt diesen Film haben. Er hat Frank Darabont begniet und hat gesagt, du kriegst hier Millionen. Ich gebe dir zwei Millionen. Und Frank Darabont hat gesagt, nee.
Johannes Franke: Ich will das selber machen.
Florian Bayer: Ich verfolge meine Träume. Vielleicht noch kurz davor. Rob Reiner ist an den Film überhaupt erst rangekommen, weil eine Produzentin bei ihm gesagt hat, wenn Castle Rock diesen Film... nicht inszeniert, dann bin ich raus hier.
Johannes Franke: Okay, das ist die Macht einer Mitarbeiterin.
Florian Bayer: Liz Klotzer, eine nicht nur Mitarbeiterin, Produzentin, Hauptproduzentin von dem Ding. Und die hat das Drehbuch gelesen von Frank Darabont, hat zu Rob Reiner gesagt, du, das müssen wir machen. Das ist total geil. Und genau, Rob Reiner hat Darabont begniet. Darabont hatte übrigens keine Regieerfahrung. Und er hat gesagt, nein. ich will das machen. Woraufhin Rob Reiner gesagt hat, okay, aber dann möchte ich gerne dein Mentor sein. So nicht niedlich. Dass er seinen Stolz runtergeschluckt hat und gesagt hat, okay, du hast noch keinen Film inszeniert. Ich weiß, du hast ein paar gute Drehbücher geschrieben, das gehört dazu. Wenn du mich das nicht machen lässt, dann lass mich wenigstens ein bisschen unter die Arme greifen.
Johannes Franke: Ein Debütfilm, wie krass ist das denn?
Florian Bayer: Unfassbar.
Johannes Franke: Es ist wirklich, wirklich völlig. Du sitzt davor und denkst dir, was auf diese Größe, zweieinhalb Stunden, so ein Epos. zu machen als Debütfilm. Was traust du dir dazu?
Florian Bayer: Man findet es nicht oft in der Filmgeschichte, dass Debütfilme so eine Mächtigkeit ausstrahlen. Also klar, wir haben Citizen Kane, wir haben letzte Woche über die Zwölf Geschworenen geredet,
Johannes Franke: was auch ein Debütfilm war.
Florian Bayer: Es ist immer wieder erstaunlich, was Menschen so bei ihrem ersten Wurf an, ganz unabhängig davon, wie man den Film letzten Endes findet, an Epicness hinkriegt. An Größe und an Reife. die halt einfach nicht so wirkt, als ob das so ein Jungspund gemacht hätte, der hier seinen ersten Film inszeniert, sondern jemand...
Johannes Franke: Aber man muss sagen, bei 12 Angry Men von letzter Woche, wenn ich mich richtig erinnere, das ist ein Kammerspiel. Als Regisseur kann man das als Erstling durchaus bewältigen, weil du hast einen Raum, dann probst du zwei Wochen und dann geht das. Aber bei diesem Film hier, das ist ja wirklich... Du musst so viel bedenken und so viele Entscheidungen treffen. Bist ja als Regisseur für alles verantwortlich. Es ist wirklich hart.
Florian Bayer: Und es ist auch einiges schiefgegangen bei den Dreharbeiten. Zum einen gab es offensichtlich ganz schön viele Konflikte am Set. Vor allem hat sich so... Regisseur versus Darsteller, vor allem versus Morgan Freeman, der eine Zeit lang richtig... Richtig sauer war Frank Darabont, weil er ihn hat zu oft Baseball werfen lassen.
Johannes Franke: Ja genau, er ist am nächsten Tag mit dem Arm in der Schlinge zum Dreh gekommen, um zu demonstrieren. Hier übrigens, das passiert, wenn du mich zwölf Stunden lang denselben Ball werfen lässt. Und hat wirklich flat out einfach gesagt, nein, den mache ich nicht nochmal. Also er hat wirklich gesagt, der Take war gut, wir machen nicht noch einen. Was eigentlich der Call des Regisseurs ist.
Florian Bayer: Absolut, ja.
Johannes Franke: Aber Morgan Freeman hat sich hingestellt und gesagt, nein, wir gehen jetzt weiter, das wird nichts. Und ich finde es auch interessant, dass der Regisseur danach gesagt hat, okay, ich habe daraus auch gelernt. Ja,
Florian Bayer: total.
Johannes Franke: Er hat tatsächlich daraus die Sachen mitgenommen und auch verstanden, warum Morgan Freeman sich dagegen gewährt hat.
Florian Bayer: Soweit ich das verstanden habe, was die Leute von den Dreharbeiten gesagt haben, war Frank Darabont nicht so ein Exzentriker wie zum Beispiel Stanley Kubrick, der es liebt, seinen Cast zu quälen, sondern ihm war es wirklich wichtig. die Geschichte, die ich verfilmen möchte. Ich hab's geschafft, dem 3-Millionen-Angebot zu widerstehen. Ich kann es selbst machen. Ich will alles richtig machen.
Johannes Franke: Das ist einfach pure Angst.
Florian Bayer: Dass er viele Takes gemacht hat und teilweise auch wirklich, sie sind wirklich in Schwierigkeiten gekommen. Wir haben ganz am Anfang eine Eröffnungssequenz, in der wir Andy nur im Auto sitzen sehen mit seiner Waffe und überlegt, was er als nächstes macht. Er ist betrunken und wir sind parallel geschnitten. seine Frau mit ihrem Liebhaber. Die Szene sollte eigentlich weitergehen. Es sollte eine Konfrontation geben. Es sollte einen Moment geben, wo Andy vor denen steht, mit seiner Waffe gezogen. Und die hatten keine Zeit dafür, weil sie das zu lange gedreht haben. Ja,
Johannes Franke: also Unerfahrenheit hin oder her. Aber zum einen geht einem viel verloren, aber zum anderen kommt man in Optionen hinein, die vielleicht den Film besser gemacht haben. Also hier in diesem Fall sind ein paar mehr Beispiele. Nicht nur das im Auto, aber das ist so das Berühmteste, weil dieses... Zusammenschneiden von zwei Sachen, die eigentlich im Drehbuch getrennt voneinander passieren, nämlich Gerichtsverhandlungen, im Auto sitzen und so weiter. Das zusammenzuschneiden hat viel mehr für den Film getan, als es andersrum hätte sein können.
Florian Bayer: Es wird einfach so ein bisschen auch so ein erstes Spotlight gesetzt auf Andy, auf unseren Protagonisten. Und dazu gehört... ganz wesentlich, dass er von Anfang an undurchschaubar ist, dass wir Schwierigkeiten haben, uns in seine Gefühle reinzuversetzen, einfach weil er wenig Gefühle zeigt.
Johannes Franke: Ja, wobei ich das gar nicht so erfahren habe. Ich muss sagen, da komme ich nicht so richtig mit mit den meisten Leuten, die den Film gesehen haben. Ich bin voll bei ihm und voll in ihm drin, die ganze Zeit. Ich weiß nicht, was ich anders gesehen habe. Ich habe vielleicht einen anderen Film gesehen als ihr, aber... Krass,
Florian Bayer: ich habe während des Films jetzt nochmal gedacht, er wirkt teilweise fast so, als ob er... auf dem Spektrum sein könnte.
Johannes Franke: Ja,
Florian Bayer: das schon. Weil er wirklich kalt rüberkommt. Also ich glaube dem Richter sofort, wenn er sagt, naja, sie scheinen mir wirklich kalt zu sein.
Johannes Franke: Das konnte ich zum Beispiel nicht nachvollziehen.
Florian Bayer: Irgendwie wird ganz anders. I'm getting sick of you. Weil er hat halt schon so eine abgehobene Art, die man sehr leicht als Arroganz interpretieren kann.
Johannes Franke: Aber die Art und Weise, wie er das sagt, wie er sagt, ist, Ja, aber ich habe ihnen doch gesagt, ich habe das und das gemacht und ich habe das Ding dann in den Fluss geworfen. Also mit einer Art und Weise, die für mich vielleicht auf dem Spektrum liegt, das kann sein, vielleicht sogar sehr wahrscheinlich, aber trotzdem komme ich volle Kanne in seine Gefühlswelt hinein. Also ich bin so drin bei ihm, ich finde es phänomenal, weil der Schauspieler ja vielleicht tatsächlich so eine Distanziertheit spielt von allem. Aber der hat als Schauspieler so viel Vorarbeit geleistet und so viel internalisiert, was da in der Figur drinsteckt an Verzweiflung und an Schwierigkeiten und an Determination, das jetzt irgendwie hinzukriegen, außer Verzweiflung heraus, dass ich voll bei ihm bin.
Florian Bayer: Tim Robbins, das wäre fast Tom Cruise geworden. Es hätte Tom Cruise werden können, Gott sei Dank wurde es nicht, weil Tim Robbins spielt das mit einer... Mit der richtigen Mischung aus schwerer, weil wir haben hier echt ein krasses Schicksal für uns. Und dann aber auch diese Leichtigkeit, die eben auch so als Arroganz gesehen werden kann. Und immer wieder dieses Verhalten, was so darauf hindeutet, dass ihm manchmal so ein bisschen die Self-Awareness fehlt, in welche problematischen Situationen er sich reinbringt. Es gibt mehrere Szenen in dem Film, in denen er... in denen er fast stirbt. Teilweise natürlich, weil er auch nicht aufgibt, was so eine ganz große Charakterstärke von ihm ist. Er wird als Charakter erzählt, der, egal wie oft er verprügelt wird, er steht immer auf, er kämpft ständig Kämpfe, die er verliert. Aber natürlich auch so, wir sehen, er bringt sich damit auch in Schwierigkeiten. Und ganz am Anfang im Gericht wirkt er halt arrogant, wenn er sagt, ich hab das doch schon gesagt. Und ja, natürlich sagt er das so, ja, es ist ungünstig für mich. Und das ist ja auch logisch, was er da sagt. Aber in dem Moment musst du dran denken, du sitzt vor einer Jury, du sitzt vor einem Richter, du solltest vielleicht ein bisschen sozialkompetenter rüberkommen, ein bisschen freundlicher. vielleicht ein bisschen emotional angekratzt und nicht so kalt wirken. Und da fehlt ihm halt einfach die Self-Awareness, wie er wirkt in dieser Situation.
Johannes Franke: Also ich verstehe das dann im Laufe des Films, was das gemeint hat. Und das macht für mich so eine seltsame Diskrepanz auf, weil ich wirklich, als er das sagt vor Gericht, ich bin voll bei ihm und in seiner Verzweiflung und in seinem, hey Leute, ich sag euch das und wenn ich das jetzt sage, ich hab ja nichts gemacht, muss ich ja am Ende frei rauskommen. Also das ist ja auch ein Widerspruch in seiner Wahrnehmung, die sich nicht auflösen lässt, wo er dann auch ohnmächtig davor steht und denkt, hä, was ist denn jetzt passiert? Ich bin doch unschuldig, wie kann denn das passieren? Ja. Und dann auch wirklich sagt, okay, okay, nächster Plan, zwei Wochen lang mit niemandem reden, sondern alles mal anschauen und gucken, dass ich alles durchschaue, sortiere und dann die richtigen Schritte einleite.
Florian Bayer: Du hast den Film ja zum ersten Mal gesehen, hast du ihn... Und irgendwie gab es einen Punkt, wo du ihn für schuldig gehalten hast in diesem Gerichtsprozess.
Johannes Franke: Nicht ein einziges Mal. Nicht ein einziges Mal. Wobei ich sagen muss, dass man trotzdem im Nachhinein in der Logik nochmal gucken kann, ob er vielleicht doch seine Frau umgebracht hat. Es gibt vielleicht Momente, wo man das nochmal annehmen kann. Aber während ich das gucke, bin ich die ganze Zeit vollkommen überzeugt, dass das nicht war.
Florian Bayer: Und dann macht der Film ja was, was er überhaupt nicht machen darf. Er nimmt nämlich einen Off-Erzähler.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Und dann ist der Off-Erzähler nicht mal der Protagonist.
Johannes Franke: Doch, doch. Ich muss sagen, er ist der Protagonist.
Florian Bayer: Oh, okay, darüber müssen wir reden. Ob Red der Protagonist ist, da kam er. Oh, interessant. Da haben wir schon einen guten Debattenpunkt. Wir lernen Red kennen. Wir haben das Jahr 1947. Red hat seine erste Anhörung für potenzielle Bewährung und wir wissen aber schon, wie diese Anhörung läuft von Anfang an. Das wird nichts, auch weil wir noch zwei Stunden Film vor uns haben, aber auch, weil einfach klar ist, wir haben hier einen schwarzen Gefangenen stehen vor einer sehr weißen Jury und er sagt so das runter, was offensichtlich jeder Gefangene sagt in dem Moment. Ja, ich bin rehabilitiert, ja, ich bin keine Gefahr mehr für die Gesellschaft, Gott ist mein Zeuge, nochmal schönen Bezug auf die Bibel und so weiter, wir wissen, das wird abgelehnt und geht raus auf den Hof und wir lernen das Gefängnis kennen, in dem Ende jetzt auch die nächsten 27 Stunden. 20 Jahre verbringen wird.
Johannes Franke: Oh Mann.
Florian Bayer: Und es ist schon krass, wie das eingeführt wird. Es gab ja durchaus so ein bisschen Diskussion zwischen Regie und Kameramann, wie groß sie das machen wollen. Weil der Kameramann,
Johannes Franke: Roger Deakins,
Florian Bayer: hat gesagt, ein großer Kameramann,
Johannes Franke: auch sehr großer Kameramann,
Florian Bayer: der hat gesagt, ich würde das Ganze gerne viel klaustrophobischer machen. Und wenn wir hier diesen riesigen Hof haben, dann wird das klaustrophobische kaputt gemacht.
Johannes Franke: Das Argument ist eigentlich nochmal ein anderes. Das Argument ist eigentlich, wenn wir hier ständig irgendwelche Totalen zeigen, dann verlieren die Totalen, die wir zeigen wollen, die wirklich nötig sind, an Kraft. Und das ist ein wichtiges, gutes Argument. Also ich an Regisseurstelle hätte meinem Kameramann vertraut. Vielleicht hätte ich damit aber auch den falschen Weg gewählt, weil so wie es jetzt ist, ist es nicht schlecht.
Florian Bayer: Gott sei Dank hat er nicht auf den Weg gegangen. Also wir lernen diesen Ort als sehr großen Ort. Und... Das ist so wichtig, weil ganz wesentliche Dinge zwischen den Charakteren ja nicht in ihren Zellen passieren, sondern in diesem großen Raum. Vor allem in diesem Hof, das ist ja so krass, weil das so wirklich auch so ein hofzentriertes Gefängnis ist. Und was aber auch wirklich wichtige Sachen sind, dass der Raum so eröffnet wird. Ich glaube, das macht vieles Gutes für den Film. Vor allem, dass eben dieses Grundkonzept Hoffnung, das über allem schwebt, dass das halt immer erhalten ist. Du bist umgeben von Mauern.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Aber du spürst, dass es trotzdem dann auch irgendwie ein Mehr gibt.
Johannes Franke: Es gibt eine Welt außerhalb. Und das ist ja das, worauf es hinausläuft. Dass man eben nicht institutionalisiert dort stirbt oder wenn man rauskommt im Falle von Brooks eigentlich nicht mehr klarkommt, sondern dass die Welt da draußen trotzdem noch als Hoffnungsort existiert.
Florian Bayer: Aber was für eine krasse Hoffnungslosigkeit ist das erst mal am Anfang, wenn sie ankommen und wenn wir einfach... Also ich habe ja schon gesagt, Andy ist eigentlich so kalt, dass ich nicht bei ihm bin. Aber ich bin bei diesem grundsätzlichen Gefühl, dass alle, die haben, als sie da reinkommen, ausgezogen werden, nass gespritzt werden, entlaust werden und dann irgendwie nackt in diese Zellen gehen. Furchtbar. Und dann ist diese Nacht und das ist ja wirklich, wirklich düster und abgefuckt. Die anderen Häftlinge wetten drauf, wer als erstes heult. Und wir haben auch quasi, wir haben gleich in der ersten Nacht haben wir schon den Toten, der umgebracht wird von einem von den brutalsten Wärtern, der dann auch so als unser Antagonist wird.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und... das ist was, wo ich voll mitgehen kann, wo ich mich voll reinversetzen kann, dieses Gefühl, scheiße, ich bin da jetzt drin und mein Leben ist jetzt vorbei. Und dieser ganze Film ist ja voll von Leuten, die wissen, ich bin hier für 20, 30 Jahre, das ist jetzt mein Leben. Und das ist schon krass übel, sich da so rein zu versetzen.
Johannes Franke: Absolut. Aber wie immer nochmal gesagt, ich finde die Art und Weise, wie er das macht, wie Andy das macht, nämlich tatsächlich sich zurückzulehnen und zu sagen, okay, ich Das ist jetzt The New Normal erstmal. Ich muss mir das alles anschauen, ich muss es vielleicht in meinem Geist katalogisieren und rausfinden, was mache ich damit, um dann gezielt die richtige Person anzusprechen.
Florian Bayer: Aber dann hat er dieses New Normal, das sind die Zeitsprünge, die wir haben, wo Morgan Freeman dann sagt, naja, und ich glaube die ersten zwei Jahre waren für ihn die schwersten. Zwei Jahre?
Johannes Franke: Die Hölle.
Florian Bayer: Wo er vergewaltigt wird, verprügelt wird, ständig, wo er irgendwie, also er freundet sich in dieser Zeit ja auch so ein bisschen mit Red an schon. Ja. Aber trotzdem so eine Zeit, wo du, also was für, das sind 600, über 700 Tage. Das ist total krass.
Johannes Franke: Es ist furchtbar. Es ist die Hölle. Vor allem, weil das, was da passiert und es wird immer schlimmer, wird ja eingestuft als nicht sexuell motiviert und auch nicht menschlich motiviert. Sondern es geht nur um Macht. Und diese Menschen, die das machen mit ihm, die ihn vergewaltigen und ihn körperlich ganz schön zurichten. Das hat nur was damit zu tun, dass man sich die Macht zurückholt, die man genommen bekommen hat durch das Gefängnis. Und das ist furchtbar. Und du kriegst auf allen Ebenen, zum Beispiel eben auf dieser Ebene, immer wieder erzählt, wie unmenschlich Gefängnis an sich funktionierte in der Zeit. Und vielleicht hier und da immer noch, ich weiß nicht, was sich entwickelt hat.
Florian Bayer: Gerade im amerikanischen Justizsystem findest du immer noch Fälle, wo das... anders, aber ähnlich funktioniert. Das Krasse ist ja auch, es wird ja wirklich gezeigt, wie, also Box ist natürlich so als Antagonist dieses krasseste Beispiel, der halt wirklich einfach nur noch seine Macht aussieht. Ich finde es übrigens super, dass ihnen ziemlich klar als über ihn geredet wird, was nicht so oft vorkommt, dass ganz klar ist, es geht nicht um Homosexualität, es geht nicht darum, dass wir haben nicht die Schwulen Vergewaltiger, sondern das ist einfach, genau, Machtdominanz. Alle anderen Figuren, auch die, die wir im Laufe des Films sympathisch finden sollen, werden auch schon als... zynisch und auch entmenschlicht gezeigt durch dieses System. Auch Red wettet am Anfang drauf, wer als erstes heulen wird.
Johannes Franke: Und dieser eine Typ,
Florian Bayer: Hayfield,
Johannes Franke: ist es Hayfield? Ich weiß nicht genau, ich hab den Namen... Der den Fisch,
Florian Bayer: den Dicken provoziert, dass er heult.
Johannes Franke: Ja, genau. Der provoziert das ja so schlimm, um dann zurückzurudern, als die Wärter kommen. Und das ist einer der schlimmsten Momente am Anfang, weil du sofort verstehst, scheiße, es gibt was, was noch schlimmer ist. Weißt du, so, wo man das eigentlich andersrum denken würde. Aber es ist auch ein Trope geworden, wo man denkt, ja, okay, reicht auch wieder. Ja,
Florian Bayer: es wird ja immer so ein bisschen aufgeweicht. Also wir haben natürlich die Verkörperung des brutalsten Wächters in Haightley und die Verkörperung des brutalen, korrupten Werthers in Norton, die wirklich so sehr extreme Charaktere vom Reichsbrit sind. Aber dazwischen haben wir Wachen, die auch... die so ein Stück Menschlichkeit zeigen. Ja,
Johannes Franke: das stimmt.
Florian Bayer: Die sich mit den Gefangenen unterhalten, die teilweise sogar auf ihrer Seite sind im weitesten Sinne.
Johannes Franke: Im sehr weiten Sinne.
Florian Bayer: In der Vorlage ist es offensichtlich anders. Da wechseln ständig Werte und Leitung.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Aber sie sind alle schlimm.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Also Hedley ist nur einer von zehn, die kommen und gehen, aber sie sind alle Arschlöcher. Und hier finde ich, ist halt Hedley so der Brutalste. Und dann haben wir aber, dann haben wir irgendwie Leute dazwischen, die, ach. die zumindest so ein Stück Menschlichkeit erkennen lassen. Und das haben wir ja auch hier mit den Gefangenen. Also Hayfield provoziert den einen. Und wir finden ihn am Anfang halt auch irgendwie düster und denken, oh Gott, das ist ein Arschloch. Und das ist ja auch so ein Charakter, von dem wir nachher so auch sympathische Seiten kennenlernen. Das ist ja auch irgendwie so ein lustiger Typ, der mit ihnen rumhängt, der offensichtlich gerne Hank Williams hört und der anscheinend nicht so viel Bildung genossen hat. Aber der irgendwie ein Teil von einer Gruppe ist, die ja auch zusammenhält. in dieser Gefangenschaft. Ich finde, dem Film gelingt es ganz gut, damit zu jonglieren, dass die Leute, ich meine, das sind doch alles Mörder, ne? Also, Red ist auch ein Mörder.
Johannes Franke: Weißt du, was ich bei Red interessant finde? Die erzählen das nie genau, was Red jetzt nun eigentlich gemacht hat. In der Kurzgeschichte ist das anders, da kriegt man das ziemlich gut mit. Aber in dem Film, damit Red am Ende auch derjenige ist, mit dem man mitgeht und wo man will, dass der irgendwie rauskommt und die Freiheit genießt und so. darf man den Leuten nicht so sehr sagen, was für ein krasser Killer er war.
Florian Bayer: Fun Fact, am Anfang wird ein Foto gezeigt von ihm als junger Mann.
Johannes Franke: Ja, das ist sein Sohn.
Florian Bayer: Also Morgan Freemans Sohn, den sie da genommen haben.
Johannes Franke: Er hat ihn auch später noch mal in andere Filme reingeholt.
Florian Bayer: hat Morgan Freeman nicht die beste Erzählerstimme auf der ganzen Welt.
Johannes Franke: Ja, deswegen ist er ja auch so wahnsinnig beliebt und berühmt. Und das ist der Anfang. Das ist der erste Film, wo er so eine krasse Aufstimme hat. Und er schafft es, einen so reinzuziehen. Der Text, ich weiß gar nicht, wie gut der Text ist. Ich kann dir nicht sagen, wie gut der Text ist oder wie viel einfach nur Morgan Freeman draus macht.
Florian Bayer: Morgan Freeman könnte ein Kochrezept für Pancakes vorlesen und das würde geil klingen.
Johannes Franke: Absolut, es ist unglaublich. Und diese Emotionalität, die da die ganze Zeit aufgebaut wird, durch seine Stimme. Das ist der Hammer. Es ist unglaublich. Ich bin so oft, echt, ich muss sagen, ich habe echt oft geweint in diesem Film. Und das liegt, glaube ich, auch zu großen Teilen an Morgan Freemans Stimme, die es schafft, einen da so reinzuholen. Der zieht einen so tief rein, dass man, man kann gar nicht widerstehen. Man kann gar nicht sich genug davon distanzieren. Also er kriegt das einfach hin.
Florian Bayer: Ganz wichtige Frage, die ich mir gestellt habe, jetzt musst du sie dir auch stellen. Und ich habe sie mir zum ersten Mal gestellt, seitdem ich diesen Film kenne. We tschau. Red erzählt das. Ist das der Red, der kurz davor ist, quasi nachdem er rausgekommen ist, Andy wieder zu sehen?
Johannes Franke: Eigentlich schon, oder? Weil das ist ja der letzte Aufstimme, den wir hören.
Florian Bayer: Hätte ich auch gesagt. Also nicht hätte ich gesagt, sag ich auch immer noch. Es ist, weil dieser Red hat sowas Weises. Ja,
Johannes Franke: ja, ja, genau.
Florian Bayer: Er hat sowas Weises, das der Red im Knast selbst teilweise noch nicht hat. Und wenn Red darüber erzählt, wie sie auf die... wie sie wetten, welche Gefangenen als erstes durchdrehen. Und wenn erzählt wird, wie Red Sachen besorgt und so weiter. Und wie sich dieses kleinkriminelle Milieu aufgebaut hat im Knast. dann ist der Red, der das retrospektiv betrachtet, eigentlich ein anderer. Ein Beweiser, der daraus gelernt hat und der deswegen auch entsprechend über diese Sachen erzählen kann.
Johannes Franke: Er hat manchmal sogar eine kleine ironische Überhöhung da drin in seiner Erzählweise, weil er retrospektiv aufschaut und sagt, okay, das haben wir damals gemacht, meine Güte. So in die Richtung. Aber auch diese Heldenverehrung von Andy, das ist schon auch ein bisschen krass. Das ist ein bisschen krass. Ein bisschen christliche Motive.
Florian Bayer: Die christlichen Motive habe ich nicht gesehen. Ich weiß, es wird öfter mal gesagt, dass es so etwas Christliches hat, dass er so ein Messias ist. Was ich tatsächlich krass finde, und das ist ja auch so etwas, worüber geredet ist und worüber reden werden sollte, Red erfüllt in vielen Punkten natürlich so ein sehr spezifisches Trope eines schwarzen Amerikaners, dessen Rolle sehr darin besteht, Support. zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes, für den weißen Protagonisten.
Johannes Franke: Das Interessante ist, dass die Figur ja gar nicht schwarz war im Original. Also noch nicht mal im Drehbuch ursprünglich.
Florian Bayer: Ja, Red ist ihre.
Johannes Franke: Er ist eigentlich ihre und das macht den Satz, den er da sagt, so wahnsinnig witzig, weil eigentlich Frank Freeman drauf bestanden hat, dass der drin bleibt. Alle anderen haben gesagt, naja, jetzt muss halt raus, dass er ihre ist. Und dann sagt er, nein, nein, lass uns den Satz trotzdem einfach sagen.
Florian Bayer: So geil, dass er das sagt und das ist auch so zusammenhanglos und du sitzt da so ratlos davor.
Johannes Franke: Und er grinst so zu. ...faisant.
Florian Bayer: Ein Grinsen Richtung Stephen King wahrscheinlich.
Johannes Franke: Freut sich so über diesen Satz. Supergeil.
Florian Bayer: Genau, aber er ist ja, im Original ist es ein irischer, also kommt aus Irland Anfang des 20. Jahrhunderts, irische Migranten. Harrison Ford hätte ihn spielen können. Neben anderen Namen auf der Liste. Aber es ist halt schon so, das ist halt so ein Klischee, was wir kennen. Es gibt viele Filme, gerade so in den 90ern, wo diese... wo wir diese Rollenverteilung haben, wo wir den Schwarzen haben, der dem Weißen hilft, der auch weise Worte übrig hat, aber der halt vor allem so ein Supporting Act ist. Ist Red das in diesem Film?
Johannes Franke: Nein, deswegen glaube ich, er ist die Hauptfigur. Ja. Weil ich glaube, dass der Supporting Act eigentlich Andy ist. Für ihn, damit er wieder Hoffnung schöpfen kann und sein Parole bekommt. Dass er eben rauskommt aus dem Gefängnis am Ende. Und das klappt nur wegen Andy, weil das, was alles gelernt hat von Andy und seinem Ausbruch, das bringt ihn erst überhaupt in die Lage, am Ende das hinzukriegen.
Florian Bayer: Auch so ein Trope, The White Savior. Aber bleiben wir mal ganz kurz dabei.
Johannes Franke: Ja, gut.
Florian Bayer: Red ist die Hauptfigur, ja. Es gibt auf jeden Fall einen wesentlichen Unterschied zwischen Red und Andy. Andy verliert nie seine Hoffnung. Es wird angedeutet, dass die Chance bestehen könnte. Aber es gibt so einen gewissen Punkt, wo man merkt, der... kämpft weiter und der versucht alles. Der begibt sich dabei in Gefahr. Der sagt zu Hedley, warum auch immer er das so macht, vertrauen Sie Ihrer Frau? Ja,
Johannes Franke: ist das sicher,
Florian Bayer: dass sie nicht Geld hinter ihrem Rücken sammelt?
Johannes Franke: Die blödeste Art und Weise, sich in so eine Situation zu bringen. Also wirklich.
Florian Bayer: Und Andy prügelt sich regelmäßig mit... die Box und den Queer Bulls.
Johannes Franke: Ja, ja, ja, wehrt sich.
Florian Bayer: Er wehrt sich jedes Mal. Also er verliert ganz oft, aber er wehrt sich auch, wenn er verliert. Und Andy macht halt auch sowas, er ist zum Liebling der Wärter aufgestiegen, weil er die ganzen Steuererklärungen macht. Er könnte ein total leichtes Leben haben und trotzdem rebelliert er, indem er die Musik spielt. Also Andy wird als permanenter Kämpfer gezeigt, obwohl man weiß... Es ist ein Kampf, den er verlieren wird. Es ist ganz klar, er spielt die Musik, aber es ist logisch, die Männer kommen rein, er wird ins Loch geworfen und so weiter. Er kann das nicht gewinnen und trotzdem kämpft er immer weiter. Und Red ist anders, Red ist zynisch geworden. Red hat eigentlich keine Hoffnung mehr und Red sagt, nee, das ist das Leben und es gibt eigentlich nichts mehr zu holen und gewöhnlich dran.
Johannes Franke: Es ist wie der Satz, der berühmte Satz aus diesem Film, get busy living or get busy dying. Und im Grunde meint er ja damit Red. der da sitzt und busy dying ist.
Florian Bayer: Auf jeden Fall, ja.
Johannes Franke: Und das ist krass, diese beiden Entwürfe damit zu sehen. Zu sagen, okay, entweder ich finde mich damit ab und setze mich jetzt hier hin, verliere alle meine Hoffnung, damit ich nicht irre werde an der Hoffnung. Was ich auch total verstehen kann. Und was uns ja auch so ein bisschen auf dem Holzpfad zwischendurch, dass eben Andy tatsächlich auch sagt, ich werde jetzt busy dying, indem ich mir einen Strick nehme.
Florian Bayer: Ja. Insofern ist es halt auch vor allem, und da ist es wieder was, wenn wir drauf gucken, wer ist unser Protagonist, da wird sehr unterstützend für deine These, Red ist die Figur, die eine Entwicklung durchmacht. Andy macht keine Entwicklung durch. Andy kämpft von Anfang an. Andy hat immer diese Hoffnung und wie wir später erfahren werden, hat die Hoffnung ihn dazu getrieben, dass er mit einem Löffel, im vertragenen Sinne, ein Loch in die Wand gegraben hat. Während Red halt wirklich am Anfang diesen Zynismus hat, dann irgendwann auch so ein bisschen diese Resignation, aber dann aus dieser Resignation rausgenommen wird. Und das Bindeglied zwischen diesen Geschichten ist ja, ist Brooks. Brooks steht auch, obwohl Brooks im Buch ist, ist eine ganz kleine Figur. Hier kriegt er eine größere Rolle und auch nicht die größte, aber er steht ganz zentral, nämlich wirklich zur Halbzeit des Films. Erfahren wir, was passiert, wenn jemand, der über 40 Jahre im Gefängnis verbracht hat, entlassen wird. Und das ist Brooks, der nicht entlassen werden will.
Johannes Franke: Der sich echt ein Messer in die Hand nimmt und einen seiner besten Kumpels quasi fast umbringt. damit er im Gefängnis bleibt. Und das ist so effizient erzählt dadurch. Also das musst du dir mal vorstellen. Du musst dir mal vorstellen, jemanden, mit dem du 40 Jahre zugebracht hast in diesem Gefängnis, naja, vielleicht nicht 40 Jahre, der Typ war vielleicht nicht ganz so lange drin wie du, aber Leute, mit denen du dein Leben verbracht hast, dann ein Messer an den Hals zu halten, damit du nicht gehen musst. Wie krass zur Hölle.
Florian Bayer: Diese Verzweiflung.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Und es ist ja auch total nachvollziehbar. Also wie schon... Red sagt, Brooks ist im Knast eine wirklich große Nummer. Er arbeitet in der Bibliothek, er hat sein Leben geordnet, er ist beliebt, er hat seine Krähe, Jake hat ein gutes Leben da und jetzt kommt er raus, seit 1905 im Knast.
Johannes Franke: Wahnsinn, oder? Wir haben diese Szene,
Florian Bayer: wie er rauskommt, wie er im Bus sitzt. Das erste, was wir von ihm draußen sehen, ist, wie er total verängstigt in diesem Bus sitzt. Das ist das erste Mal, dass er in einem solchen Gefährt sitzt.
Johannes Franke: Das ist der Hammer. Er sagt einmal, dass er als Kind irgendwann mal ein Auto gesehen hat. Aber jetzt sind die Dinger überall. Sie sind in den
Florian Bayer: 50ern und dieser Mensch war seit 1905 im Gefängnis. Das ist so krass. Mir dreht sich der Magen rum, wenn ich darüber nachdenke. Was das für ein Gefühl sein muss. Die Welt hat sich komplett verändert.
Johannes Franke: Und du...
Florian Bayer: Und es war ja nicht mal so, dass du geplinzelt hast und dann war sie anders, sondern du warst über 40 Jahre in diesem Kälteschlaf quasi, den du gespürt hast. Du warst hinter diesen Mauern, du hast irgendwie so gehört im Ansatz, dass die Welt sich verändert, aber hattest keine Vorstellung davon, was das bedeutet. Und dann kommst du als alter Mensch mit Arthritis und mit allem, was dazu gehört, kommst du da raus und bist plötzlich in einer komplett anderen Welt.
Johannes Franke: Und du bist nichts mehr, du bedeutest nichts mehr in dieser Welt. Das dir aufzubauen in dem Alter, also illusorisch, das, also... Das ist ja heute, selbst Leute, die ihr Leben lang mit Freundschaften und so weiter ganz gut waren, die in einem bestimmten Alter einfach Schwierigkeiten haben, ihr soziales Leben aufrecht zu erhalten. Ja. Und dann sowas, das ist ja nochmal schlimmer.
Florian Bayer: Das ist total krass. Und dann haben wir auch wirklich traurige Szenen. Ganz banal, wie er auf der Parkbank sitzt und die Vögel füttert und wir sehen, wie seine Hand so halb offen ist und wirklich auch so schlaff ist und die Krümel, die er gemacht hat für die Vögel, fallen einfach nur so runter. Ja. Und dann sagt er noch, ich... Ich wünsche mir ja manchmal schon, dass Jake vielleicht vorbeikommt.
Johannes Franke: Ja, natürlich kommt er nicht.
Florian Bayer: Natürlich kommt er nicht und es ist so diese absolute Verlorenheit. Ja,
Johannes Franke: das ist wirklich einer der Momente, wo ich weine, ganz deutlich weine, wenn er sich dann da irgendwie da oben hinstellt und das reinritzt. Hier, Brooks war hier und dann einfach, naja, sich eine Schlinge gemacht hat und sich aufhängt. Ja. Und eben den Get Busy Dying macht, weil er nicht Busy Living sein kann. Ja.
Florian Bayer: Und dann haben wir den Gegenentwurf da drin, gleich danach, nämlich mit diesem, wenn Andy aus dem Raum des Werthers die Hochzeit des Figaro spielt, per Mikro ins gesamte Gefängnis überträgt.
Johannes Franke: Was für ein großartiger Moment, oder?
Florian Bayer: Es ist so eine schöne Szene. Ich liebe diese Szene. Alles daran, auch allein der Sound. Wenn es kurz dieses Feedback gibt, dieses eklige Geräusch, dann geht es los und dann sehen wir einfach nur die Gesichter von den Gefangenen, die sie das hören und Andy, der sich zurücklehnt. Idee von Tim Robbins, war ursprünglich nicht vorgesehen. Also, dass er es lauter macht und sich zurücklehnt. Was für eine tolle Idee, das reinzubringen.
Johannes Franke: Absolut.
Florian Bayer: toll, weil wir sehen ihn davor, sehen wir ihn ja wirklich so eine Zeit lang als den erfolgreichen Freund der Wärter. Und man hat so das Gefühl, er hat sich so einen Hundestatus aufgebaut. Er sagt ja auch später selbst zu Red, ich bin günstig, ich bin halt einfach, ich kann gut Steuererklärungen machen, die lieben mich dafür. Und dann sehen wir, nein, nein, nein, in ihm steckt noch Widerstand.
Johannes Franke: Die hat die ganze Zeit da gewartet auf den richtigen Moment. Ich find's krass. Also wollen wir jetzt mal über Andy reden oder sind wir noch bei Red? Es gibt noch einiges über Red zu sagen, aber das können wir auch im Laufe der Geschichte noch machen.
Florian Bayer: Andy.
Johannes Franke: Andy ist ja im Grunde der Typ, der seine Hoffnung aufrechterhalten will, indem er Kultur in die ganze Sache reinbringt. Er will die Bibliothek aufbauen, er will seine Steine schnitzen können. Ist schnitzen das richtige Wort bei Steinen? Ich weiß nicht. Metzen?
Florian Bayer: Ich spiele Steinmetzchen. Es sind ja wirklich so süße kleine Schatten. Ja, genau.
Johannes Franke: der sich die Poster hinhängt. Rita Hayworth ist ja eigentlich, und deswegen finde ich den Titel eigentlich gut und kein Gimmick. Das ist das Stand-In für Kultur, über die Kultur, über die er sich definiert, über die er seine Sanity definiert. Und deswegen finde ich es wahnsinnig wichtig und deswegen finde ich Rita Hayworth als Titel wahnsinnig gut.
Florian Bayer: Ich denke gerade über einen Take nach zum Thema Wiedergeburt, weil quasi hinter der Vagina der Frau dieser Weg in die Freiheit ist. Aber ich lasse es mal.
Johannes Franke: Ach, das ist ein Geburtskanal, durch den er da geht.
Florian Bayer: Und am Schluss ist es ja auch nicht, also zwischendurch ist es ja auch Marilyn Monroe und
Johannes Franke: Raquel. Aber immer Frauen knapp begleitet. Sehnsuchtsorte auf jeden Fall. Und das ist sein Sehnsuchtsort, den er immer, immer lebendig hält. Egal, was er macht, es geht immer darauf hinaus. Und selbst das Bier auf dem Dach. Auch wenn ich persönlich jetzt nicht derjenige bin, der sagen würde, Kulturgut Bier. Aber in dem Moment, es ist pure Kultur, die endlich wieder ein Leben bringt. Freiheit.
Florian Bayer: Andy will ja auch nichts mehr von dem Bier wissen.
Johannes Franke: Ja, ja, er sagt ja, trinkt ihr das Bier? Ich trinke nicht mehr.
Florian Bayer: Ich glaube, in dem Moment geht es wirklich auch vor allem darum, dass er das machen will. Er will, er findet, also ich meine, er ist Banker. Andy ist kein Schauspieler, Andy ist kein Theater-oder Museumsmensch. Andy ist ein... Banker und deswegen findet er es, glaube ich, tatsächlich, er hat wirklich eine Freude daran, dem sadistischsten Wärter in diesem Gefängnis zu helfen in dem Moment, weil es das ist, was er gemacht hat, als er frei war. Dass er Formulare ausgefüllt hat, um Geld von A nach B zu schieben.
Johannes Franke: Ich glaube aber auch, dass es in dem Moment oben auf dem Dach, sie haben, sie sind so kurz vor der Freiheit, weil sie diesen Job ergattert haben, den jeder in diesem Gefängnis haben wollte. Draußen, bei gutem Wetter, Arbeiten zu dürfen, das ist Gold wert.
Florian Bayer: Also bei absurder Hitze.
Johannes Franke: Bei absurder Hitze.
Florian Bayer: Und dann den Teer auf dem Dach hin und her schieben.
Johannes Franke: Der bei den Dreharbeiten viel zu schnell kalt geworden ist. Und es war die Hölle, damit zu drehen. Weil der einfach dann so steinhart wurde, dass man damit... Man musste halt dann am Ende so tun, als ob man damit irgendwie in der Gegend rummischt. Aber es ging nicht mehr. Und dann mussten sie immer den Teer wieder aufwärmen, was wahnsinnig lang gedauert hat. Also haben sie irgendwie... sich damit gequält, damit der Teher nicht immer wieder aufgewärmt werden muss.
Florian Bayer: Das ist eine gute Frage, die man stellen kann, wie kalkulierend ist Andy bei dem, was er macht? Wenn er zu Hedley geht und ihm sagt, ich will das machen, und dann als Gegenzug will ich einfach nur ein paar Bier für mich und meine Freunde haben. Und dann, selbst Morgan Freeman, also Red denkt ja auch drüber nach und sagt, ich weiß nicht so genau, warum er es gemacht hat, vielleicht wollte er sich Freunde bei den Gefangenen machen, vielleicht wollte er sich Freunde bei den Wärtern machen, vielleicht wollte er einfach nur wieder Mensch sein. Und es wird dann ja auch nicht näher thematisiert. Ich glaube, es ist tatsächlich, er wollte das machen, was er wirklich gerne gemacht hat, als Mensch draußen, nämlich Bankberater sein. So doof es klingt. Und wenn wir ihn dann später in der Bibliothek sitzen sehen, wie er mit den Wärtern redet und ihre Steuererklärungen macht, der blüht da ja voll auf.
Johannes Franke: Jaja, voll.
Florian Bayer: Und weder Johannes noch ich sind gut da drin, glaube ich. Ich habe jedes Jahr Bauchschmerzen, meine Steuererklärung zu machen. Andy wirkt wie jemand, dem es extrem viel Spaß macht, genau das zu machen, Zahlen zu schubsen.
Johannes Franke: Aber ich glaube, auf dem Dach... Seine Forderung, das mit dem Bier, kommt viel zu kalkuliert und viel zu vorher nachgedacht aus seinem Mund, als dass das nicht auch der Grund sein müsste dafür, dass er es tut.
Florian Bayer: Ja, vielleicht.
Johannes Franke: Er sieht da eine Chance mit dem, was er kann, sein Leben und vor allem das Leben seiner Freunde, zukünftigen Freunde, wo er schon ahnt, okay, das ist meine Hut, besser zu machen.
Florian Bayer: Red ist in dem Moment ja schon sein Freund. Die Freunde stehen offensichtlich innerhalb von diesen zwei Jahren an, bevor das passiert.
Johannes Franke: Ja, das stimmt.
Florian Bayer: Und das Witzige ist ja, dass es sonst eigentlich nicht wirklich Momente gibt, wo Andy sich anbiedern würde, weder bei den Wärtern noch bei den Gefangenen. Also ich habe nicht das Gefühl, dass wenn wir sehen, wie er mit diesen anderen aus diesem Freundeskreis von Red interagiert, dass er da irgendwie versucht, Freunde zu gewinnen. Ich glaube, Red mag er wirklich und deswegen freundet er sich auch irgendwie mit Red an. Aber dass die anderen ihn für arrogant halten, kann ich schon nachvollziehen, weil so wie er mit ihnen redet, nämlich praktisch so gut wie gar nicht.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Es sieht jetzt nicht nach jemandem aus, der da unbedingt Freunde sucht und Verbündete sucht.
Johannes Franke: Ja. Ich glaube, er hat es geschafft, wie hat er es überhaupt geschafft, Freunde zu finden? Ich glaube, er hat es geschafft, durch Konsistenz im Charakter und seiner Art und Weise zu handeln. Ich glaube,
Florian Bayer: er hatte einfach Glück, dass Red ihn mochte. Ja,
Johannes Franke: ja, das stimmt vielleicht.
Florian Bayer: Red ist ein Host hier im Knast, das erfahren wir ziemlich schnell. Red hat eine große Gruppe um ihn herum und die Leute... Red ist irgendwie so der Angelpunkt dieser Gruppe.
Johannes Franke: Ja, aber ich glaube, auch zu Red muss man ja auch irgendwann erstmal hervorkommen. Und Red formuliert das ja mit, dass er gesehen hat, dass er, wie er da rumschlendert, als wäre es ein Sonntag im Park und so. Einer, der sich eben nicht auf die Situation einlässt, sondern sein eigenes Ding draus macht. Und das ist wieder die Konsistenz. Ich glaube, es hat was mit der Konsistenz zu tun. Es gab eine Untersuchung, wann sich Außenseiter durchsetzen können. Das habe ich recherchiert für unsere letzte Episode, wo es gar nicht zum Tragen gekommen ist.
Florian Bayer: Ja, soziale Dynamiken, super.
Johannes Franke: Soziale Dynamiken und wann Außenseiter es schaffen, andere zu überzeugen. Und das Wichtigste, um als Außenseiter andere Leute zu überzeugen, ist Konsistenz im Handeln und im Reden. Und zwar keine brutale Konsequenz im Sinne von ich brülle dir das immer wieder ins Gesicht, sondern einfach so eine seichte, ich bin immer konsistent in meinem Tun und Handeln und irgendwann wirst du das Muster sehen und darüber nachdenken müssen. Psychologisch funktioniert das ganz gut anscheinend. Und das ist anscheinend der wichtigste Faktor, um als Außenseiter andere zu überzeugen und ich glaube, dass das hier zum Tragen gekommen ist. Ich glaube dadurch, dass er sich konsequent... rausgehalten hat und in seiner Art und Weise zu handeln sehr konsistent war, wurde er so zu einer Art Enigma, die man verstehen möchte.
Florian Bayer: Also für Red auf jeden Fall, was aber glaube ich damit zusammenhängt, dass Red sehr clever ist und sehr klug ist.
Johannes Franke: Ja gut.
Florian Bayer: Weil wir sehen ja so ein bisschen diese Gruppe, in der Red sich bewegt und das sind ja schon eher so schlichte Gemüter, ist jetzt hart gesagt. So einfache Leute, die auch nicht so viel sich Gedanken machen. In Ratschlummer hat ja offensichtlich ein Poet. Das würde er nicht diese Sachen sagen, die er sagt. Über Andy, aber auch über das Leben hinter Gittern. Wenn man sich im Gefängnis so ein Business aufbaut, mit Bestechungen von Wärtern, mit Leuten, die das heranschaffen, dann muss man ja auch clever sein. Ja, ja, ja. Und ich glaube bei... Sowohl Red als auch Annie ist es einfach gegenseitige Bewunderung, auch für die Intelligenz des anderen.
Johannes Franke: Definitiv.
Florian Bayer: Zumindest was das betrifft, sind die beiden sich ja sehr ähnlich. Beide haben so eine Geschäftstüchtigkeit, so einen Geschäftssinn. Und Red ist halt vielleicht auch tatsächlich wegen seiner Hautfarbe nie bei den Wachen durchgekommen. Und Reds Geschäftssinn ist natürlich auch eher... was so dingliche Dinge betrifft. Und das funktioniert wunderbar mit den Gefangenen. Und bei Andy funktioniert es halt bei den Wärtern, weil es halt dieser Bezug zu... Zu Geld. Zu Geld ist. Aber ich glaube, es ist vor allem das. Und dadurch, dass Red, der eben einfach das Zentrum dieser Gruppe ist, dadurch, dass Red Andy bewundert, sind die anderen quasi gezwungen, mit Andy auch Zeit zu verbringen.
Johannes Franke: Ja. Ja, das stimmt. Die werden eine eingeschworene Gemeinde. muss man mal so zu sagen. Ja. Irgendwie schaffen sie es dann auch, beziehungsweise sie schaffen es nicht, die Wärter schaffen es ja irgendwann, dass das mit der Vergewaltigung aufhört, weil sie den Typen windelweich prügeln und ihm die Beine kaputt schlagen.
Florian Bayer: Der einzige Moment, in dem Headley irgendwie, also ich meine, es ist nicht sympathisch, jemanden so kaputt zu schlagen.
Johannes Franke: Aber es hat den richtigen erwischt.
Florian Bayer: Es hat den richtigen erwischt und irgendwie ist es... Ist es auch schräg so zu sehen in diesem Moment? Hedley wird die ganze Zeit als Antagonist gezeigt und da ist er auf Andys Seite. Plötzlich genießt Andy einen gewissen Schutz. Niemand wird Andy anfassen, weil die Wachen sagen, den brauchen wir. Das ist unser Steuerberater. Mit dem macht ihr nichts mehr.
Johannes Franke: Der Schauspieler von Andy hat übrigens gesagt, ja, dieser Typ, also zumindest in seiner Welt, wie er es gespielt hat, hat einen 20-Jahres-Plan. Ja. Also das ist wirklich, das zeigt mir so ein bisschen, dass wirklich sehr, sehr viel sehr geplant ist. Weil du das vorhin gefragt hast, wie viel ist in seinem Kopf wirklich berechnend. Ja. Und ich glaube, es ist sehr viel berechnend. Auf keine hinterfotzige Art und Weise, sondern eben wirklich so dieser Überlebenssinn. Okay, ich brauche das und das und das, um es irgendwie hinzukriegen, um da rauszukommen.
Florian Bayer: Ich glaube, also... Der Fluchtplan, der entsteht glaube ich wirklich, wenn er erkennt, dass die Wand bröckelig ist. Weil das wird ja auch sehr so inszeniert, dass er in die Wand seinen Namen ritzen will. Und dann sind wir erst am Schluss, als er das gemacht hat, was rausgebröckelt ist und er sich das dann genauer angeguckt hat. Ja, der Plan, bei den Wachen beliebt zu werden oder irgendwie so eine andere Stellung zu kriegen im Knast, kann ich mir durchaus vorstellen. Er ist ja auch sehr berechnet, wenn dann Norton... der zweite große Sadist des Gefängnisses, der Werther zu ihm kommt und mit ihm redet und dann die Bibelzitate bringt. Und Andy weiß sehr genau, was tatsächlich eine Stärke von Andy ist, wie er sich anpassen kann an die Situation. Er weiß genau, wie er mit dem Leiter der Anstalt reden muss, damit der ihm vertraut.
Johannes Franke: Und lernt dafür Bibelzitate aus, wenn nicht offenbar. What the fuck?
Florian Bayer: Das ist doch nicht echt, oder? Also ich bin katholisch erzogen worden, ich kann dir keine Bibelstelle sagen. Nichts,
Johannes Franke: was soll das?
Florian Bayer: Also ich kann beim Zitat sagen, ja, das ist wahrscheinlich aus der Bibel, aber frag mich nicht von welchem Apostel oder so.
Johannes Franke: Wie abgefuckt ist es übrigens, dass wir jemanden sehen, so einen Gefängniswärter. Und wir haben ihn nicht kennengelernt. Wir wissen nichts über diese Typen. Aber er gibt ein Zitat aus der Bibel und wir wissen, oh, das ist der Bösewicht.
Florian Bayer: Was?
Johannes Franke: Wie abgefuckt ist unsere Welt inzwischen, dass wir das sofort annehmen.
Florian Bayer: Das ist tatsächlich, das ist so ein Stable bei Stephen King. Es gibt immer diesen Link zum religiösen Extremismus. Und die Fundamentalisten kommen bei Stephen King meistens nicht gut weg. Die religiösen Fundamentalisten sind meistens auch die Bösewichte. Und Norton ist genau, eigentlich so ein typischer Stephen King-Antagonist. Bevor ich's vergesse, du hast den Film zum ersten Mal gesehen, du sagst, Tim Robbins hat gesagt, es gab einen 20-Jahres-Plan. Hast du was geahnt?
Johannes Franke: Nein, nix.
Florian Bayer: Hast du gedacht, der bringt sich um? Ja. Wow, oh, das muss ein tolles Erlebnis gewesen sein.
Johannes Franke: Es war wundervoll, es war das beste Erlebnis in viel, langer, langer Zeit, muss ich sagen. Oh,
Florian Bayer: krass, du hast wirklich den Todes von dem Plot-Twist mitgenommen?
Johannes Franke: Es ist super.
Florian Bayer: Ich beneide dich so volle Kanne.
Johannes Franke: Ich hab auch gedacht in dem Moment, bitte, mach was anderes draus, lass ihn nicht sich jetzt wirklich umbringen. Das wäre doch jetzt zu schade. Aber dann habe ich die ganze Zeit gedacht, ja, aber was sonst? Also, ja, scheiße. Und er hat doch vorher schon darüber geredet. Get busy dying. Oh nein, scheiße. Und ich war voll drin. Und dann schmeißt er diesen Stein gegen das Plakat und es macht klonk, klonk, klonk, klonk, klonk irgendwo im Hintergrund und man denkt sich, wow. Oh,
Florian Bayer: wie geil! Ich beneide dich gerade wirklich um diese Erfahrung. Ich weiß nicht mehr, ob ich den Film ungespoilert gesehen habe. Ich befürchte, ich habe den Film nicht ungespoilert gesehen.
Johannes Franke: Es ist ja so, dass der Film anders geschnitten war am Anfang. Am Anfang rittst er seinen Namen da rein und da kommt schon Klunk ihm das erste Ding entgegen und man ahnt schon, okay, der gräbt jetzt. Und dann haben sie es im Schnitt geändert.
Florian Bayer: Gott sei Dank.
Johannes Franke: Ich bin so dankbar über diese Änderung.
Florian Bayer: Ich glaube, ich war gespoilert. Ganz groß auf dem, ich weiß nicht, ob es auf dem Original-Filmplakat war, aber auf jeden Fall auf den Videos und DVD-Hüllen, sehen wir Andy in dieser Schlussszene, wie er im Regen steht und die Arme jubelnd hebt. Und dann auf der Rückseite von der DVD, ich habe noch einen DVD von dem Film, sehen wir dieses Bild, wie diese tolle Kamera aus dem Loch, durch das Andy gebrochen ist, auf den Direktor. Und es ist so ein Spoiler. Nein!
Johannes Franke: Also dieses Bild auf den Direktor ist wirklich hart. Das darf man nicht machen. Oh, ist das fies. Also das Bild, wie er im Regen steht, finde ich vollkommen in Ordnung. Das kann man nicht einsortieren, wenn man den Film nicht kennt. Das spoilert nicht wirklich. Aber dieses Bild aus einem Loch raus auf einen, also wirklich, ne, gemein.
Florian Bayer: Genau, was ja ganz wesentlich ist, überhaupt bei diesem Fluchtplan, und das ist tatsächlich ganz spannend. Also wenn wir jetzt schon gespoilert sind, dass wir diese doppelte Entwicklung haben, wir glauben die ganze Zeit, Diese Hoffnung von Andy drückt sich dadurch aus, dass er mehr und mehr beliebt wird bei den Wertern. Dass er die Steuererklärung macht, dass er die Bibliothek ausbauen kann, dass er seine Spenden kriegt und so weiter. Und wir erfahren erst später, es gab zusätzlich noch diesen zweiten Weg mit dem Rausgraben. Ich kann mir vorstellen, dass es total... devastating ist, wenn wir nicht wissen, dass es diesen Fluchtplan gab. Und wenn wir halt sehen, wie Andy sich die ganze Zeit hochgearbeitet hat, soweit das geht im Gefängnis, und immer von Hoffnung redet. Und dann haben wir halt diesen großen Plot mit dem Tommy, mit dem Rock'n'Roller, der reinkommt und wo es plötzlich diese Hoffnung gibt, frei zu kommen. Und dann wird das aber kaputt gemacht durch Norton, durch den Wetter. Das muss ziemlich hart sein, wenn man nicht weiß, dass es noch den zweiten Plan gibt. Weil der erste Plan geht gerade komplett in die Hose.
Johannes Franke: Ja. Das ist so krass, weil das natürlich aus dem Nichts kommt so ein bisschen. Dieses, ja, ich kenne diesen Typen, der hat immer davon geprahlt, dass er diese Frau umgebracht hat und seinen Liebhaber. Und der Warden, also der, wie heißt der? Norton? Norton. Ist ja unglaublich perfide. Der holt ihn ja raus, gibt ihm noch eine letzte Zigarette. Da könnte man schon ahnen, was passiert. Und fragt ihn dann nicht etwa, würdest du für mich lügen? Nein, nein, der sagt, ich... Ich... ich will das jetzt aufrollen und ich will, dass alles richtig wird und dargestellt wird. Und du bist dann bereit zu schwören, dass das echt ist. Und er sagt ja und das ist sein Todesurteil. Das ist eine so perfide Szene. Ja. Die ist wirklich auch sehr effektiv erzählt. Und ich muss auch den Kameramann immer wieder loben. Roger Deakins macht das so, so, so gut. Wirklich tolle Bilder.
Florian Bayer: Ja. Der hat auch viel gedreht. Der hat mit den Cones hat er vor allem viel gedreht. Der ist auch bekannt dafür.
Johannes Franke: Er ist unglaublich bekannt dafür.
Florian Bayer: Sehr experimentelle Bilder zu machen. Und schon mehr zu machen als so Standard-Hollywood. Ja.
Johannes Franke: Ich folge dem überall, wo es irgendwie geht. Ein großer Held. Unterkamera-Menschen.
Florian Bayer: Ich find's ja tatsächlich spannend, dass es immer mal wieder so zwischendurch so ganz in ganz Leichten diese Option gibt, dass Norton oder auch Headley nicht nur Antagonisten sind. Dass es diese Momente gibt. Also ja, Norton ist ein korruptes Arschloch. Ja. Norton, äh... Mörder. Mörder. Ne, das kommt ja später. Da ist es vorbei. Wenn dieser Mord passiert, ist es vorbei. Aber es gibt immer zumindest diese Momente, wo man das Gefühl hat, ja, dadurch, dass Andy sich so gut mit ihnen stellt, besteht so ein leicht... Ein ganz leichtes Stückchen Hoffnung. Das dann aber total zunichte gemacht wird. Ja,
Johannes Franke: natürlich.
Florian Bayer: Wenn wir ihre dunklen Seiten sehen.
Johannes Franke: Nein, da gibt es keine Hoffnung. Die sind von Anfang an, als er sein Bibelzitat raushaut, ist es für mich vorbei.
Florian Bayer: Hey, er schenkt Andy Apfelkuchen, den der dann mit Red teilen kann.
Johannes Franke: Ja, also man hat schon das Gefühl, dass zwischendurch sich das vielleicht wenden könnte. Man hat schon das Gefühl, dass da sich eine Freundschaft vielleicht sogar entwickeln könnte, eine perfide, seltsame. Also dass dieses Verhältnis zwischen, dieses Machtverhältnis, Wächter und Gefangene und so weiter, dass sich das so ein bisschen auflöst, nivelliert, weil die sich gegenseitig irgendwie helfen. Aber natürlich hast du dann diesen Turning Point, wo er Tommy umbringen lässt.
Florian Bayer: Ja, und natürlich ist es Headley, der da am Drücker sitzt.
Johannes Franke: Daddy. Ja, natürlich.
Florian Bayer: Es ist halt vor allem so deprimierend, weil wir davor diese Beziehung von Tommy und Andy hatten. Und Andy hat wieder ein neues Projekt. Andy bringt diesem armen Jungen Lesen und Schreiben bei. Er hilft ihm zum College-Abschluss.
Johannes Franke: Das ist unglaublich cool.
Florian Bayer: Highschool-Abschluss.
Johannes Franke: Und es ist auch toll erzählt, weil er dann so ausrastet und das Ding wegwirft und dann schicken sie es doch ein und es besteht. Das ist schon gut erzählt einfach.
Florian Bayer: Ja. Und dann ist dieses, was halt wirklich krass ist in dem Film, diese, wir gehen einmal voll, voll Hoffnungslosigkeit. Ja. Jetzt hat, hat jetzt Andy auch aufgegeben und so dieser Moment, diese längsten Nacht im Clust und so weiter. Hm. Und dann, ja. harte Twist.
Johannes Franke: Dass er sich rausgekrammert.
Florian Bayer: Wirklich so im Stil Ocean's Eleven. Wir sehen noch alles aufgerollt. Und auch so, dass dann noch erzählt wird. Und dann sehen wir noch, wie er zur Bank geht. Ah, jetzt ergibt das Sinn mit der fingierten Person, die er erschaffen hat.
Johannes Franke: Gott sei Dank ohne Ocean's Eleven Musik drunter, die so ein bisschen...
Florian Bayer: Nein, für die Musik ist ja jemand anderes verantwortlich, den ich wiederum sehr mag. Aber ich glaube, den magst du auch. Und zwar Thomas Newman.
Johannes Franke: Ja, sehr,
Florian Bayer: sehr. Der seinen Score hier einmal drüber legt. Der auch viele Hollywood-Kram... Kram.
Johannes Franke: Der übrigens gesagt hat, als er den Film gesehen hat und wusste, er muss dazu Musik machen, hat er gesagt, ich kann den Film nur kaputt machen, ich kann ihn nur schlechter machen. Er ist so wie er ist, ist er großartig. Was soll ich hier tun? Er schien es wirklich für unmöglich zu halten, dem Film noch was zusätzlich zu geben mit seiner Musik.
Florian Bayer: Aber sie unterstützt sehr gut. Also die Musik hat diese gewisse Gravitas, die dem Film sehr zugutekommt.
Johannes Franke: Wie großartig ist der blöde Gag Dumbass? Du was?
Florian Bayer: Dumbass? Nee.
Johannes Franke: Ich fand die Stelle toll.
Florian Bayer: Oh nee. Doch,
Johannes Franke: natürlich.
Florian Bayer: Doch, was? Düma.
Johannes Franke: Ich hab's gemocht. Egal. Auf jeden Fall, wenn du gerade bei dem Geburtskanal warst, wo er rausgekommen ist, ich muss sagen... dass ich gerade eben erst auf dem Gelände von meinem Vater die Grube kennengelernt habe. Oh, kacke. Die Grube ist das, wo, wenn man keinen direkten Anschluss zum offiziellen System hat, Abwassersystem hat, sich das alles sammelt, was man auf Toilette und beim Duschen und so weiter alles loslässt.
Florian Bayer: Und einmal im Jahr kommt jemand vorbei und pumpt es ab.
Johannes Franke: Genau, und dann kommt jemand vorbei und pumpt es ab. Wir haben das Ding mal geöffnet, einfach um mal zu sehen. Und dann hat mein Papa eine Geschichte rausgeholt von einer Familie, die ihre Grube reinigen wollte. Die sind da reingegangen in die Grube, nachdem sie ausgepumpt war, und haben versucht, das zu reinigen. Ein paar Tage später hat sie jemand gefunden. Die sind gestorben in dem Ding, weil die Gase alles zum Atmen verdrängt haben.
Florian Bayer: Scheiße. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Johannes Franke: Und als sie das gedreht haben, wie er da durch die Rohre gegangen ist. Hatte auch als erstes gesagt, der Schauspieler, da gehe ich nicht rein. Dann haben sie jemanden geholt, der das Wasser getestet hat und der hat gesagt, du gehst da nicht rein. Und dann haben sie sich darum gekümmert und dann haben sie es gedreht. Er wäre unter Umständen gestorben, im Realistischen.
Florian Bayer: Sie haben irgendwie so eine Schokomasse dann da reingemacht, für die Kacke.
Johannes Franke: Ich weiß nicht ganz genau, am Schluss.
Florian Bayer: Morgan Freeman Red sagt, es waren 5 Footballfelder, 500 Yards, in der Vorlage sind es nur 100 Yards. Und die Vorstellung, dass da jemand wirklich reinkriecht?
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Gott. Ohne zu wissen, was am anderen Ende ist, lass dein Gitter davor sein, dass du nicht aufkriegst.
Johannes Franke: Richtig, genau.
Florian Bayer: Kriegst dann mal rückwärts zurück.
Johannes Franke: Furchtbar. Also es ist schon ein hohes Risiko. Ich weiß nicht, wie realistisch das ist, dass man das nicht bis zum Ende durchexerziert und dass man da schon mal genauer weiß, wo man da am Ende rauskommt. Ja. Wobei wir nicht wissen, was er in der Bibliothek alles gefunden hat. Ja, genau. Vielleicht hat er auch irgendwelche Pläne gefunden, die ihm geholfen haben.
Florian Bayer: Es bleibt so ein bisschen offen. Das ist ja auch, im Buch ist das offensichtlich noch krasser. Also Red im Buch erzählt Red ganz viel von Hörensagen, was Andy betrifft. Im Film ist ihre Freundschaft. deutlich enger und Red erfährt mehr. Und deswegen kriegen wir ja auch diesen wirklich schönen kathartischen Moment, wo wir sehen, was Andy gemacht hat. Also man kann ja auch so ein bisschen in der Vorstellung von Red...
Johannes Franke: Ja, ja, genau. Der ganze Film ist in der Vorstellung von Red. Deswegen sind die bösen Wichte auch so böse und die Guten so gut.
Florian Bayer: Aber ja, ich finde es ist unglaublich wichtig, dass wir das sehen. befreiender Moment ist und diese Szene, wie, natürlich ist das voll pathosvoll draufgekommen, aber wie Andy aus diesem Rohr rauskommt, in diesem schlammigen Wasser landet und sich die Kleidung vom Leib reißt. Es sollte übrigens auch eine längere Szene sein, gehört auch zu den Szenen, wie nach dem Motto Frank Aragon hat zu lange gedreht, hatte nicht genug Zeit und wir sehen deswegen nicht mehr, wie Andy zum Zug rennt, da auf den Zug drauf springt und die Freiheit fährt, Gott sei Dank, auch hier in diesem Fall. Es ist schön, dass wir dieses Ende haben und so. Ja, es ist einfach, klar, es ist ein pathetischer Moment, aber es ist auch ein starker Moment und es ist vor allem ein verdienter Moment. Ja. Weil wir haben so oft dieses Reden von Hoffnung und auch immer wieder diese Kampfhoffnung gegen Hoffnungslosigkeit. Ja. Und diesem Film hätte ein schlechtes Ende nicht gut getan, tragisches Ende. Wir wollen dann am Schluss sehen, wie die Freiheit erkämpft wurde.
Johannes Franke: Und die Freiheit, die wir sehen, ist ja mehr, als das Drehbuch eigentlich wollte. Das Drehbuch wollte enden, wie Morgan Freeman auf dem Bus sitzt.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Und sagt... ich hoffe, ich komme über die Grenze. Und dann ist Schluss. Und dann hat die Produktionsfirma gesagt, nee, nee, nee, nee, nee, du machst schön ein Ende, wo wir wirklich sicher sind, dass die beiden wieder zusammenkommen und das alles in Ordnung ist. Und dann hat er gesagt, ja, okay, komm, wir können es ja mal drehen. Und die Produktionsfirma hat auch hochheilig versprochen, wenn du das Ende scheiße findest, Hauptsache wir haben es gedreht und haben einmal gesehen, wie es funktioniert oder nicht funktioniert. Du kannst es noch wegcutten. Und dann hat er dann am Ende auch gesagt, ja okay, vielleicht ist es gar kein schlechtes Ende.
Florian Bayer: Es ist halt sehr amerikanisch, das nochmal, also hier keine Ambiguität zu lassen. Und es ist sehr europäisch, dass... ganz viele Menschen aus Deutschland und anderen Ländern sagen, ja, vielleicht könnte es ja auch eine Traumsequenz sein. Er stellt sich den Ozean vor und er stellt sich vor, wie er zu Andy läuft.
Johannes Franke: Es ist ja auch das gelobte Land quasi. Die Szene ist sehr so inszeniert, dass man denkt, okay, hier wieder christliche Motive, das gelobte Land, da sind sie jetzt endlich. Zumal dieses
Florian Bayer: Siwataneo, so wie Andy es beschreibt.
Johannes Franke: Ja.
Florian Bayer: Ja, it's heaven.
Johannes Franke: Ja, it's heaven. Ja,
Florian Bayer: ich finde, diese Ambivalenzen gibt es nicht am Schluss.
Johannes Franke: Nein, nein,
Florian Bayer: nein. Wir haben diese Bilder und es macht irgendwie Sinn, wie sie sich wieder begegnen. Und ich finde es tatsächlich, ich finde es auch gut. Ich glaube, ich hätte das auch reingenommen. Ich hätte auch gesagt, ja, das ist okay. Mach das mal. Der Film hat seinen Pathos. Der Film ist halt schon so ein großes amerikanisches Drama. Und dazu gehört sehr viel Pathos, sehr viel Sentimentalität.
Johannes Franke: Ich bin total aufgelöst in Tränen am Ende. Aber nicht bei dem Wiedertreffen. Da sowieso noch. Aber eigentlich in dem Moment, wo der Film eigentlich enden sollte, im Bus, wie Morgan Freeman es schafft, mit seiner wahnsinnig krassen Stimme uns zu erzählen, dass er excited war wie so ein kleiner Junger. Den ganzen Film über kann ich Red als sehr gesetzten, ruhigen und resignierten Typ erkennen. Er ist nicht, selbst das, was er bei Parole-Meetings versucht, irgendwie rüberzubringen, dieses, ich bin nur so ein humble kleiner Kleingangster, der nicht mehr Gangster ist, keine Gefahr für die Gesellschaft und sowas. Das spielt er ja alles für diese Jury. Wie ich ihn sonst kenne, ist, ich weiß, wo der Hase langläuft und es gibt keine Hoffnung mehr. Und dieser Moment, wo er sagt, er ist aufgeregt wie ein kleines Kind. Das erste Mal seit 40 Jahren.
Florian Bayer: Da sind wir übrigens auch in der Present. Wir sind die ganze Zeit erzählt, morgen fliegen ein paar Stents. Und dann diese letzten Sätze. Jetzt erzähle ich Sachen, die noch nicht passiert sind. Ich freue mich total auf den Ozean, ich freue mich auf Mexiko. Ich hoffe, ich sehe Andy wieder. Ich hoffe, der Ozean ist so blau, wie ich ihn mir vorstelle.
Johannes Franke: Allein der Satz. Ich war so aufgelöst. Wenn ich jetzt daran denke, ich bin so kurz davor. Dieser Satz, ich hoffe, der Ozean ist so blau, wie ich ihn mir vorstelle in meinen Träumen. Was für ein fucking Satz. Wer da nicht da sitzt und völlig emotional aufgelöst ist.
Florian Bayer: Ich finde es vor allem gut. Ich finde es vor allem stark, weil da, wo wir herkommen, ist ja eine Spiegelung von der Entlassung von Prooks. Red macht genau denselben Mist durch die Brust. Er landet in demselben Zimmer auch noch. Er hat dieselbe Arbeit im Supermarkt.
Johannes Franke: Es ist das Parole-Ding, das gibt es ja auch. Es ist nicht so unwahrscheinlich, dass er im gleichen Raum landet und den gleichen Job bekommt, weil das halt das Erste ist, was man macht als Gefängnis.
Florian Bayer: Absolut. Und dann haben wir einfach diese Spiegelung, ja genau, und dass du wie viele andere Gefangene, die länger als 40 Jahre oder so im Gefängnis waren, erlebst du genau dasselbe. Und dann Red entscheidet sich aber eben für dieses Baiser. Ja. Und das ist schön, wir kommen von diesem Moment, ja, du erlebst das selber, aber ja, Andy sagst du ihm, ich trau dir mehr zu Red. Ich glaub, du kannst mehr, du schaffst das.
Johannes Franke: Es gab, bevor die Dreharbeiten angefangen haben, und es gibt es ja bei jedem Film, der ein bisschen größer ist, ein Table Read. Also man sitzt zusammen, hat noch nichts davon gedreht, sitzt einfach nur zusammen mit den allen Leuten, die irgendwie wichtig sind für den Film und liest das Drehbuch einmal. Damit man ein Gefühl dafür bekommt, wer sind die Leute, was haben wir vor uns, was wollen wir. Und Morgan Freeman hat ja große Teile Off-Stimme und hat das beim Table Read gemacht. Und alle waren völlig aufgelöst emotional, weil schon beim Table Read völlig klar war, wie krass das Ding wird. Er hat sie alle gekriegt bei so einem fucking Table Read.
Florian Bayer: Die Aufwärtszählerstimme von Morgan Freeman macht so viel aus für diesen Film. Es gibt diesem Film die ganze Zeit so eine Weisheit, die das Ganze betrachtet, aber eben auch verbunden mit diesem Persönlichen. Wie gesagt, Andy, ja, und vielleicht gehe ich noch mehr mit bei dem, was du sagst, das ist eigentlich Red, aber der... Protagonist ist. Andy bleibt lange über im Film so ein Rätsel. Während Red halt der ist, der auch für die Gefühle zuständig ist. Und der halt sagt, wie er sich fühlt als Gefangener. Was er empfindet, wie er Andy wahrnimmt. Und der dann halt auch noch vor seiner Entlassung auch einfach so Sachen sagt, ja, jetzt ist Andy weg und ich vermisse einfach meinen Freund.
Johannes Franke: Was für eine krasse Bromance, wenn man das mal so sagt. Es ist ja wirklich eine Romanze quasi, also keine sexuelle, aber eine, die wirklich sehr tiefgehend ist. Und ich glaube, das ist auch ein Grund, warum der so erfolgreich ist, der Film, weil man sich danach auch sehnt. Weil man sich nach einer Verbindung sehnt, die jetzt nichts... Sexuelles hat.
Florian Bayer: Sie hat lange genug Zeit, sich zu entwickeln. Das ist so eine Freundschaft, die halt wirklich auch erzählt wird. Ich meine, es dauert ja Monate, bis sie miteinander reden überhaupt. Und dann anscheinend auch Jahre, bis sie wirklich so eng zusammen sind, dass sie zusammen Sachen unternehmen und wirklich zusammenhalten. Wenn wir über Zeit reden, die vergeht. Fandst du überzeugend, das Altern? Ich meine, wir haben hier einen Zeitraum von 40 Jahren, der umfasst wird. Wir haben dieselben Protagonisten, die alt werden in dem Film.
Johannes Franke: Also, Eigentlich sind es nur 20 Jahre, 19 Jahre.
Florian Bayer: Stimmt, ja.
Johannes Franke: Wir haben vielleicht 40 Jahre bei Brooks.
Florian Bayer: Nee, genau, du hast recht,
Johannes Franke: ja. Aber bei den beiden zusammen, Hauptzeit sind 19 Jahre. Und ich finde es total nachvollziehbar. Also hier mal graue Schläfe und so dazu gefügt. Nur der eine Werther wird irgendwie nicht älter, ne? Ja, stimmt. Der ist so ein bisschen, weiß nicht, was hat irgendein Jungbrunnen, aber alle anderen haben sie gut hingekriegt,
Florian Bayer: habe ich das Gefühl. Und der Leiter kriegt einfach graue Haare. Also der hat die Haare am Anfang schwarz gefärbt und hat dann keine Lust mehr auf Färbung.
Johannes Franke: Ja, ich finde übrigens den Werther haben wir überhaupt noch nicht besprochen. Super Schauspieler.
Florian Bayer: Oh ja, der übrigens wirklich lange nicht wusste, wie er spielen soll.
Johannes Franke: Ja, ja, ja.
Florian Bayer: Bis er halt von einem Kollegen auf die Idee gebracht wurde. Du bist nicht echt. Du bist die Figur in der Vorstellung. Du bist das, was Red wahrnimmt. Wie Red die Werther wahrnimmt. Spiel das mal so. Klar bist du ein Zerrbild und du glaubst, du bist auch ein bisschen eine Karikatur von einem bösen Werther. Mach das doch einfach. Ja,
Johannes Franke: super Hinweis auf jeden Fall. Ist auch wichtig für die Figur, glaub ich.
Florian Bayer: Clancy Brown, der ein toller Schauspieler ist. Also, der hat immer Nebenrollen und immer so die harten Typen. Also unter anderem Starship Troopers, Friedhof der Kuscheltiere, Blablabla. Highlander, stimmt, Highlander. Immer die harten Typen, immer die Nebenrollen. Toller Typ.
Johannes Franke: Unsere Top 3 heißt Unschuldig? Mit Fragezeichen?
Florian Bayer: Ja und wenn du das so sagst, dann sind wir schon wieder voll im Genre des Codroom-Dramas, das wir in den letzten Episoden gefühlt sehr viel behandelt haben.
Johannes Franke: Willst du etwa Zweifel an meinem Top 3 listen?
Florian Bayer: Es war Johannes'Top 3-Vorschlag. Normalerweise schlägt der das Top 3-Thema vor, der den Film vorgeschlagen hat und im Falle von... Publikumswünschen versuchen wir gemeinsam was zu finden und ich hatte überhaupt keine Ideen. Dann hat Jonas gesagt, unschuldig, Fragezeichen. Ich habe gesagt, ja, geil. Und mir dann erst, ist mir später erst aufgefallen, wie dieses, ja geil, was für Auswirkungen. Das hat, vielleicht ohne das Fragezeichen wäre vielleicht spannend gewesen, aber jetzt ist es zu spät. Jetzt haben wir das Fragezeichen drin stehen. Ja. Quadrundramen.
Johannes Franke: Ich habe auch Quadrundramen. Was soll's. Ist doch in Ordnung. Das Thema hätte auch Quadrundrama sein können, aber das hatten wir, glaube ich, schon mal, oder?
Florian Bayer: Ja, Gericht hatten wir, wir waren vielen Gerichten unterwegs jetzt.
Johannes Franke: Seltsam. Ja, okay, wir haben eine Top 3. Unschuldig? Schnick, Schnack, Schnuck. Wer fängt an?
Florian Bayer: Schnick, Schnack, Schnuck. Ah, fuck. Er nennt immer die Schere.
Johannes Franke: Immer die Schere, das stimmt. Verdammt. Jetzt hat es sich so eingebrannt. Okay, also, ich habe auf meinem Platz 3, weil wir es gerade eben erst hatten, habe ich es auf Platz 3 gepackt, aber... verdient natürlich einen besseren Platz. 12 Angry Men.
Florian Bayer: Toller Film. Großartiger Film. Es ist vollkommen egal, ob er unschuldig ist oder nicht. Nein, aber super Film. Wir haben ja in der letzten Episode drüber geredet. Hört rein. Ja. Und schaut euch den Film vorher an. Mein Platz 3, ich bin auch in den 90ern gelandet, Zwielicht aus dem Jahre... 1996 Primer 4 im Original Richard Gere als arroganter Anwalt, der Edward Norton verteidigt, der angeklagt ist, einen Priester umgebracht zu haben. Und während des Films kommt heraus, dass offensichtlich noch eine zweite Person da war, die für den Mord verantwortlich sein konnte. Es gibt mehrere Plot Twists.
Johannes Franke: Wenn Edward Norton dabei ist, dann war er mindestens fünf Personen.
Florian Bayer: Es war der sehr junge Edward Norton. Wie gesagt, wir sind Anfang der 90er, Mitte der 90er. Spannender Justiz-Thriller aus der Zeit mit ein bisschen Mystery. Sehenswert.
Johannes Franke: Mein Platz 2 ist North by Northwest,
Florian Bayer: den wir auch besprochen haben. Da ist ein Ausrufezeichen bei unschuldig.
Johannes Franke: Da ist eher ein Ausrufezeichen. Aber natürlich... Ja, wir wissen es nicht wirklich. Also es ist schon so, dass er das sehr gut so spielt, dass das nicht war. Und man das auch mitbekommt irgendwie. Er kämpft darum, das anerkannt zu bekommen. Eigentlich wird er verfolgt und er muss irgendwie flüchten und gleichzeitig beweisen, dass es nicht war. Ja,
Florian Bayer: voll Hitchcock.
Johannes Franke: Sehr guter Hitchcock-Film.
Florian Bayer: Haben wir auch besprochen.
Johannes Franke: Und auch sehr lustig, muss man sagen.
Florian Bayer: Und kein Justiz-Drama, kein Gerichtsfilm. Und ich habe auf Platz 2 auch keinen Gerichtsfilm. Und die 90er Jahre von Ich bin unschuldig und auf der Flucht. The Fugitive aus dem Jahr 1993 mit Harrison Ford, der angeklagt ist, seine Frau umgebracht zu haben. Und das ist schon... ziemlich eindeutig von Anfang an, dass er unschuldig ist. Und es wird eigentlich nur erzählt, wie er von Tommy Lee Jones als Deputy durch die USA gejagt wird. Und es ist ein sehr, sehr cooler 90er-Jahre-Action-Film. Okay.
Johannes Franke: Ich hätte einen Platz 1. Und du hast vorhin gesagt, dass wir den gleichen Platz 1 haben werden. Off-Camera. Off-Mic. Und ich nehme jetzt die Challenge an, rauszufinden, was du genommen hast.
Florian Bayer: Oh, du hast was anderes.
Johannes Franke: Zeugende Anklage? Richtig. Yeah!
Florian Bayer: Du hast extra was anderes genommen, um nicht dasselbe zu haben wie ich.
Johannes Franke: Nein, ich habe jetzt einfach Zeugende Anklage genommen. Ich hätte aber auch When They See Us nehmen können. Central Park 5.
Florian Bayer: den ich angefangen habe zu gucken und ich hab's nicht ertragen. Es war wirklich ein Film, der emotional so belastend war.
Johannes Franke: Ja, es ist eine Serie.
Florian Bayer: Es ist eine Serie, ja.
Johannes Franke: Und es ist wirklich hart, weil es auf wahren Begegnheiten beruht. Die haben damals fünf schwarze Kinder im Central Park für eine Vergewaltigung und einen Mord verantwortlich gemacht. Die haben nichts damit zu tun gehabt. Die waren einfach nur zufälligerweise dort.
Florian Bayer: Falsche Zeit, falscher Ort, falsches Justizsystem.
Johannes Franke: Falsches Justizsystem und der fucking Rassismus, der da drin steckt. Und das ist wirklich passiert und sie haben es gut aufgearbeitet. Und es ist wahnsinnig hart, das zu sehen.
Florian Bayer: Schreckliche Serie. Ich finde, ich bin ziemlich hart im Nehmen, was sowas betrifft. Und es hat mich einfach, es war mir zu belastend. Ja, Platz 1 Zeug in der Anklage. Toller Whodunit-Gerichtssurreller. Mit mehreren Plottwists. Haben wir auch vor kurzem schon gesprochen.
Johannes Franke: Plottwists am Ende. Haben wir besprochen. Hört rein. Das ist großartig. Zeug in der Anklage. Großartiger Film. Mit Marlene Dietrich. Wir gehen wieder zurück in unseren Film. Das war unsere Top 3.
Florian Bayer: Ja.
Johannes Franke: Haben wir große Themen noch?
Florian Bayer: Wir haben ein Fazit vor uns.
Johannes Franke: Wir haben ein Urteil vor uns. Das Wurstteil. Das war der entsprechende Jingle dazu.
Florian Bayer: Ich habe ja schon gesagt, dass er zu meinen Lieblings-Deen-King-Verfilmungen gehört mit Stand By Me. Deswegen musst du loslegen und was anderes sagen.
Johannes Franke: Es gibt nicht viel anderes zu sagen. Das Krasse ist, dass dieser Film so emotional mich packt und ohne, dass ich mich manipuliert fühle. Morgan Freeman schafft es, die Sätze so zu bringen, dass sie im richtigen Moment Ihre Kraft entfalten und in all den anderen Momenten beraubt er durch seine Art und Weise das zu sprechen ihre allzu großen Kitschhaftigkeit. Er schafft es, das so bodenständig wie nötig und so emotional wie nötig zu machen. Es ist wirklich gut. Also man kommt da so wahnsinnig gut durch und dass das so ein wahnsinniger Erfolg geworden ist und dass Männerfreundschaften dadurch so auf eine ganz andere Art und Weise, ohne dass Autos brennen, erzählt werden. Das ist wirklich toll. Das ist ein ganz, ganz, ganz beeindruckender anderer Film, als ich erwartet habe.
Florian Bayer: Ich freue mich total, dass er dir gefallen hat. Ich beneide dich total drum, dass du ihn inklusive Plot Twist sehen konntest, ohne es zu ahnen. Das muss ein tolles Erlebnis gewesen sein. Und ja, ich kann eigentlich auch nicht viel mehr dazu sagen, außer wow, was für ein beeindruckendes Regiedebüt. Fantastischer Hollywoodfilm und ich sehe absolut, also er ist wahrscheinlich nicht mal in meiner Top Ten, was meine Lieblingsfilme betrifft, aber ich sehe total, wo die ganzen Leute herkommen, die sagen, das ist mein liebster Film aller Zeiten. Ich kann das nachvollziehen, weil es ist so ein Film, der diese Aura um sich hat, dass viele Menschen sagen, ja, es ist einer der besten Filme aller Zeiten. Und das auch zu Recht. Es ist wirklich ein sehr starker Film.
Johannes Franke: Und ich sage wieder, Rita Hayworth. Und Shawshank Redemption wäre der viel bessere Titel gewesen.
Florian Bayer: Marilyn Monroe und der Shawshank Redemption.
Johannes Franke: Naja.
Florian Bayer: Und Johannes, du, ist es deine Aufgabe, mir mal einen Rita Herber-Film zu geben, weil ich von ihr eigentlich nichts kenne. Ich habe weder Gilda gesehen, noch...
Johannes Franke: Gilda, are you decent? Nee. Das ist großartig, oh mein Gott. Und wie die da sitzen und sich das angucken und jubeln, als sie auftauchen.
Florian Bayer: Du musst damit wissen, was große Hollywood-Darstellerinnen betrifft, auffrischen. Du musst mir helfen.
Johannes Franke: Das muss ich aber selber auch noch machen, muss ich sagen. Ich muss auch mal wieder... da auffrischen. Es gab eine Phase in meinem Leben mit Anfang 20, wo ich viel in der Richtung geguckt habe, aber das hat sich dann irgendwann so ein bisschen gelegt. Man hat ja noch andere Dinge zu tun.
Florian Bayer: Und wenn du mich dann in die 50er-Jahre gebracht hast, in die 40er mit Rita, dann können wir noch mal gucken, was wir in den 60ern von Raquel finden. Ich glaube, dann sind wir eher so ein bisschen bei, auch so ein bisschen trashigeren Filmen.
Johannes Franke: Okay.
Florian Bayer: Bei der Frau, die ja am Schluss an seiner Wand hält.
Johannes Franke: Ach ja, genau.
Florian Bayer: Da sind wir ja eher in den 60ern.
Johannes Franke: Ja, das sieht aus wie...
Florian Bayer: Eine Million Jahre vor unserer Zeit.
Johannes Franke: Ach du Scheiße. Meine Güte. Wie heißt der von Schwarzenegger, der andere?
Florian Bayer: Terminator? Nee,
Johannes Franke: der davor, der knapp davor war.
Florian Bayer: Herkules in New York?
Johannes Franke: Nein.
Florian Bayer: Phantom Commando? Der war danach? Nein,
Johannes Franke: den, den, den, wo er auch so ein... Conan,
Florian Bayer: Conan, Conan the Barbarian.
Johannes Franke: Dieses Plakat erinnert mich ganz stark an Conan the Barbarian. Conan ist noch ein bisschen später, oder? Obwohl, Moment. Der 80er, genau. Und das spielt ja in den 60ern. Naja. Okay. Also, Flor, vielen Dank. Vielen Dank an euch da draußen.
Florian Bayer: Vielen Dank, liebe Frau, für diesen Vorschlag.
Johannes Franke: Ja, vielen Dank für den Vorschlag. Reicht schön ein. Gerne macht unsere Liste länger und länger. Und wir freuen uns über jeden Film, der bei uns reinflattert.
Florian Bayer: Wenn ihr wissen wollt, was ich Johannes für nächste Woche aufgebe, bleibt noch kurz dran. Ansonsten an euch, danke fürs Zuhören, eine schöne Woche und wie immer...
Johannes Franke: Bis zum nächsten Mal. Bleibt gesund. Ciao. Bis dann. Ciao.
Florian Bayer: Man merkt so, dass wir diesen Podcast in der Corona-Zeit gestartet haben.
Johannes Franke: Flo, was hast du denn das nächste Mal für mich?
Florian Bayer: Ich habe, wir waren in den 90ern, wir bleiben in den 90ern. Und wir springen aber zum Ende des Jahrzehnts. Lass uns nochmal einen Chris Nolan Film machen.
Johannes Franke: Einen Chris Nolan Film? Nein,
Florian Bayer: den frühen Chris Nolan Film. Ich glaube, sein zweiter, ich bin mir nicht ganz sicher, Memento. Ich dachte,
Johannes Franke: das wäre sein erster gewesen. Ne,
Florian Bayer: sein erster war auch gut, auch verschachtelt. Hat auch schon viele Trademarks. Following hieß, glaube ich, der erste.
Johannes Franke: Ah, okay.
Florian Bayer: Und noch schwarz-weiß und noch mit sehr viel Indie-Filmscham. Und Memento war ja sein großer Durchbruch.
Johannes Franke: Ja, genau.
Florian Bayer: Aber noch ohne das große Budget, was er danach haben sollte. Also spannend. Du hast den gesehen, ne?
Johannes Franke: Ich habe ihn gesehen, ja, ja. Aber es ist lange her. Also es ist schon so. Ich bin gespannt, wie der gealtert ist und wie ich ihn heute wahrnehme.
Florian Bayer: Für euch gilt wie immer, guckt euch den Film vorher an. Wir werden massiv spoilern. Und es ist, glaube ich, ein Film, wo man sehr viel kaputt spoilern kann. Es macht keinen Spaß, den Film zu gucken. Also trotzdem. Aber nein, man sollte zuerst den Film gesehen haben und dann uns drüber labern hören. Genau.
Johannes Franke: Okay. Sehr schön, viel Spaß damit und bis nächste Woche.
Florian Bayer: Bis dann, ciao. Ciao.
